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Resolution gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit

Für eine Stärkung demokratis­ch­er Struk­turen und der Zivilgesellschaft,
für einen offen­siv­en Umgang mit den Recht­sex­trem­is­ten im Landtag

Die NPD in Sach­sen hat zur Land­tagswahl im Sep­tem­ber 2004 fast so viele Sitze errun­gen wie
die SPD. Und auch die Bran­den­burg­er DVU, schon 1999 mit 5,3% den Einzug in den Landtag
aus dem Nichts her­aus schaffte, ohne präsente Köpfe, ohne wirk­liche Inhalte, ohne Konzepte
und nur durch flächen­deck­ende Plakatierung, kon­nte einen Zugewinn verze­ich­nen und
erre­ichte jet­zt 6,1%.

Auch Bran­den­burg ist ein Bun­des­land, in dem Über­griffe mit recht­sex­tremem Hin­ter­grund an
der Tage­sor­d­nung sind und dem Gros der Bevölkerung sowie den Medi­en kaum mehr als ein
Schul­terzuck­en ent­lock­en. Dass hier 60 Jahre nach dem Ende des Zweit­en Weltkrieges und 15
Jahre nach der demokratis­chen Rev­o­lu­tion in Ost­deutsch­land Per­so­n­en in den Kom­mu­nal- und
Lan­despar­la­menten vertreten sind, die die deutsche Kriegschuld, die deutschen
Kriegsver­brechen und die deutschen Völk­er­morde leug­nen, dem neon­azis­tis­chen Menschen-
und Gesellschafts­bild anhän­gen und anti­semi­tis­che Pro­pa­gan­da betreiben, ist und bleibt für
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unerträglich. 

Die recht­sex­tremen Wahler­folge bedeuten eine Nieder­lage für alle Demokratin­nen und
Demokrat­en. Aus ihnen spricht ein grund­sät­zlich­er Ver­trauensver­lust in die
Prob­lem­lö­sungs­fähigkeit des demokratis­chen Sys­tems, sie sind ein Angriff auf die
grundle­gen­den Werte v on Frei­heit und Gle­ich­heit aller Menschen.
Der aktuelle Plan von DVU und NPD, zur Bun­destagswahl 2006 gemein­sam anzutreten,
kündigt von ein­er neuen Dimen­sion recht­sex­tremer Poli­tik in der Bun­desre­pub­lik: Bis­lang in
ver­schiede­nen Grüp­pchen und heil­los zer­strit­ten agierend, besin­nt sich die neue Rechte jetzt
offen­sichtlich auf die Kraft des Gleichschritts. 

Wider die Protestwahl-These! 

Die Wahler­folge der DVU und der NPD in Sach­sen dür­fen nicht nur als ‚Protest­wahl’
ver­harm­lost wer­den, auch wenn Protest­wäh­lerIn­nen zu diesen Wahler­fol­gen beigetragen
haben. Die Protest­wahl-These über­sieht die Ein­stel­lun­gen, die hin­ter der bloßen
Wahlentschei­dung ste­hen. Neuere Wahlforschung kommt zu dem Schluss, dass ökonomische
Benachteili­gung und Unzufrieden­heit mit Poli­tik­erin­nen und Poli­tik­ern erst auf Grund­lage eines
recht­sex­trem­istisch-autoritären Welt­bildes zur Wahlentschei­dung für rechtsextremistische
Parteien führt. In Sach­sen sind offen­bar seit den let­zten Wahlen 1999 regel­rechte WählerInnen-
Milieus geschaf­fen worde n, ganz beson­ders in den Regio­nen, in denen die soziokul­turelle Basis
und die Vor­fel­dar­beit der Neon­azis lagen, in denen Ange­bote der Jugend­hil­fe rar sind oder
gän­zlich fehlen und in denen die Anzahl der Über­griffe auf Aus­län­derIn­nen und Nicht-Nazis am
höch­sten ist. 

Ver­sagen gegen rechts 

Teil­weise ist es den Recht­sex­tremen gelun­gen, die öffentliche Dul­dung und Anerken­nung ihrer
Ein­stel­lun­gen und Struk­turen zu erre­ichen. Dass dies geschehen kon­nte, war ohne das Versagen
der demokratis­chen Mitte der Gesellschaft nicht möglich. Zu den Opfern recht­sex­tremer und
ras­sis­tis­ch­er Gewalt gehören ins­beson­dere Ange­hörige von Min­der­heit­en, wie z.B.
Migran­tInnen, Flüchtlinge, Obdachlose, Men­schen jüdis­chen Glaubens, Homo­sex­uelle und
alter­na­tive Jugendliche — alles Grup­pen, die oft genug auch von Teilen der Poli­tik aus der
Gesellschaft aus­ge­gren­zt wer­den und Diskri­m­inierun­gen aus­ge­set­zt sind. Ras­sis­tisch motivierte
Gewalt­täter erfahren nicht die notwendi­ge kat­e­gorische Ablehnung: Viele Men­schen stehen
ihnen gle­ichgültig gegenüber oder äußern gar heim­liche Zus­tim­mung. Ras­sis­mus, ob latent oder
gewalt­tätig, braucht Feind­bilder. Recht­sex­trem­is­mus ist also ein Prob­lem, dessen
Rah­menbe­din­gun­gen durch die ganze Gesellschaft geset­zt wer­den. Wir brauchen alle
demokratis­chen Kräfte in dieser Gesellschaft für den gemein­samen Kampf gegen
Recht­sex­trem­is­mus. Immer wieder ist festzustellen, dass aus­ländis­che Inve­storen vor Ansiedlung
zurückschreck­en, wenn sie fest­stellen, dass in der Region latent frem­den­feindliche Einstellungen
in der Bevölkerung vorherrschen. Damit Bran­den­burg wieder eine Chance hat, sich
wirtschaftlich zu entwick­eln, brauchen wir alle demokratis­chen Kräfte. Deshalb müssen
kon­se­quent die rechtlichen Bedin­gun­gen zur Bekämp­fung der Diskri­m­inierung von
Min­der­heit­en verbessert wer­den, etwa durch ein Antidiskri­m­inierungs­ge­setz. Die
Bun­desre­pub­lik hat zahlre­iche Richtlin­ien der EU in diesem Bere­ich noch nicht umgesetzt.
Demokratis­che Werte selb­st­be­wusst verteidigen
Wer recht­sex­trem­istis­che Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tensweisen und damit auch Wahlerfolge
dauer­haft zurück­drän­gen will, der muss die Recht­sex­trem­is­ten als poli­tis­che Herausforderung
ernst nehmen. Solange sie nicht als fun­da­men­tale Angriffe auf die Demokratie als politischgesellschaftliche
Leitidee begrif­f­en wer­den, bleiben alle Gegen­maß­nah­men im Vordergründigen
steck­en. Wer Ras­sis­mus und Anti­semitismus dauer­haft das Wass­er abgraben will, muss die
Demokratie als gesellschaftliche Leitidee glaub­würdig, selb­st­be­wusst und offen­siv vertreten.
Kein poli­tisch-gesellschaftlich­es Sys­tem kann die Frei­heit und Gle­ich­heit aller Men­schen besser
ver­wirk­lichen. Dies darf Kri­tik an den beste­hen­den Ver­hält­nis­sen nicht auss­chließen, aber wir
sind überzeugt, dass bei der Lösung indi­vidu­eller und gesellschaftlich­er Prob­leme demokratische
Ver­fahren mit der Gewährleis­tung von Grund- und Men­schen­recht­en allen anderen politischen
Entschei­dungssys­te­men über­legen sind.
Wir wer­den die Auseinan­der­set­zung mit den Recht­sex­tremen in der Gesellschaft voran treiben
und ihnen den öffentlichen Raum für ihre neon­azis­tis­che Het­ze nicht über­lassen und auch nicht
hin­nehmen, dass recht­sex­treme Dem­a­gogen und Gewalt­täter sich als Biedermänner
Zus­tim­mung erschle­ichen. Ger­ade dort, wo Neon­azis durch sys­tem­a­tis­che Dom­i­nanz den
öffentlichen Raum beherrschen, brauchen wir Gegenöf­fentlichkeit und Unter­stützung der­er, die
den Recht­en offen ent­ge­gen treten. 

Zivilge­sellschaftliche Struk­turen unterstützen 

Demokratis­che Kul­tur meint ein Kli­ma der Tol­er­anz und gegen­seit­i­gen Akzep­tanz, Angstfreiheit
für alle und das Engage­ment viel­er Bürg­erin­nen und Bürg­er. Sie ist die beste Versicherung
gegen autoritäre und ras­sis­tis­che Ver­suchun­gen. Es ist die Auf­gabe der demokratischen
Parteien, Vorschläge für eine größere Trans­parenz des poli­tis­chen Sys­tems und für bessere
Entschei­dungs- und Beteili­gungsmöglichkeit­en für Bürg­erin­nen und Bürg­er vorzule­gen. So
treten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Bran­den­burg seit langem für eine Verbesserung der
Von der neuen Bran­den­burg­er Lan­desregierung erwarten wir: 

· Wir begrüßen, dass sich die neue Lan­desregierung im Koali­tionsver­trag weit­er­hin im
Grund­satz zum Hand­lungskonzept Tol­er­antes Bran­den­burg gegen Rechtsextremismus,
Gewalt und Frem­den­feindlichkeit beken­nt und ins­beson­dere die Fort­set­zung der Arbeit der
Mobilen Beratung­steams und des Aktions­bünd­niss­es zusichert. Angesichts der in den letzten
Jahren gekürzten Mit­tel für das Aktions­bünd­nis, das Büro der Aus­län­der­beauf­tragten und
die Regionalen Arbeitsstellen für Aus­län­der­fra­gen, Jugen­dar­beit und Schule (RAA) ist
allerd­ings höchst fraglich, welch­er Wert diesen Aus­sagen im Koali­tionsver­trag beigemessen
wer­den kann. 

Die im Koali­tionsver­trag angekündigte Umstruk­turierung der Lan­deszen­trale für politische
Bil­dung, mit neuem Schw­er­punkt auf der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus, muss
bein­hal­ten, dass weit­er­hin auch Pro­jek­te zur Stärkung der Zivilge­sellschaft und
demokratis­ch­er Kul­tur gefördert werden. 

· Neben der Aufk­lärung und Sen­si­bil­isierung von Kindern und Jugendlichen gegenüber
rechtsextremistisc
hem und frem­den­feindlichem Gedankengut muss die Stärkung
demokratis­ch­er Struk­turen weit­er­hin höch­ste Pri­or­ität haben. 

· Die Bran­den­burg­er Lan­desregierung wird dazu aufge­fordert, den ger­ade übernommenen
Vor­sitz in der Län­derkam­mer Bun­desrat 2004/2005 entsprechend zu nutzen, den derzeit
vor­bere­it­eten Entwurf des Antidiskri­m­inierungs­ge­set­zes der Koali­tion von SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, entsprechend der vorgegebe­nen Umset­zung der EU -
Richtlin­ien, auch im Bun­desrat mit dem anste­hen­dem Geset­zge­bungsver­fahren, konstruktiv
zu begleit­en und das Gesetz schnell­st­möglich zu ver­ab­schieden. Das neu entstehende
Antidiskri­m­inierungs­ge­setz soll Benachteili­gun­gen im Wirtschafts- und Arbeitsleben
auf­grund des Geschlechts, der eth­nis­chen Herkun­ft, der sex­uellen Iden­tität, der Religion
oder der Weltan­schau­ung, des Alters oder auf Grund ein­er Behin­derung wirksam
ent­ge­gen­treten. Der wichtig­ste Aspekt des Geset­zesvorhabens ist das präven­tive Wirken
gegen Diskri­m­inierung und die Klärung ele­mentar­er Fra­gen der gesellschaftlichen Teilhabe. 

· Stärkung der Demokratie bedeutet auch Stärkung der Beteili­gungsmöglichkeit­en. Ob
Have­laus­bau, Kindertagesstät­ten, Aus­bau des Flughafens Schöne­feld, Bom­bo­drom und
anderes mehr: Bran­den­burgs Bürg­erin­nen und Bürg­er wollen mitre­den. Deshalb wollen wir
eine faire Chance für Bürg­er- und Volks­begehren. Dazu muss es möglich sein, auch über
finanzwirk­same Fra­gen Bürg­er­entschei­de durchzuführen, die Beteili­gungsquoren zu senken
und die Samm­lung von Unter­schriften für Volks­begehren auch unab­hängig von öffentlichen
Ein­rich­tun­gen zuzulassen. 

· Die Kofi­nanzierun­gen für Bun­des- wie EU-Pro­gramme müssen von Landesseite
gewährleis­tet werden. 

· Der unaus­ge­sproch­ene Kon­sens der bran­den­bur­gis­chen Öffentlichkeit, die Präsenz der
DVU-Frak­tion im Land­tag möglichst nicht zu erwäh­nen, ist gescheit­ert. Wir erwarten für die
näch­ste Leg­is­laturpe­ri­ode von allen poli­tis­chen AkteurIn­nen eine offensive
Auseinan­der­set­zung mit den Aktiv­itäten dieser Frak­tion, wir wollen sie aus ihrem
Schat­ten­da­sein holen und ihre poli­tis­che Unfähigkeit ans Licht bringen. 

· Als Grund­lage für die Ein­set­zung der neuen Härte­fal­lkom­mis­sion fordern wir ein Gesetz. Nur
so lassen sich die Zusam­menset­zung der Kom­mis­sion und ihre materielle Ausstat­tung regeln.
Die Unab­hängigkeit gegenüber der Regierung und den nach­ge­ord­neten Behör­den ist durch
geeignete Ver­fahren­sregeln sich­er zu stellen. Die Zusam­menset­zung der Kom­mis­sion sollte
in Anlehnung an den bere­its bei der Aus­län­der­beauf­tragten existieren­den Beirat für
Härte­fälle erfol­gen. Die Ein­führung per Verord­nung, wie geplant, und die Anbindung an das
Innen­min­is­teri­um dürften ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion von vorn­here­in kaum
Wirkungsmöglichkeit­en einräumen.

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