(BM)Potsdam — Nach der Verurteilung von elf jungen Männern im Potsdamer
Neonazi-Prozeß wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung haben fünf
Verteidiger beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt. Die Gruppe hatte aus
Fremdenhaß 2003 und 2004 zehn Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von
Ausländern im Havelland verübt. Dazu gründete sie nach Auffassung des
Gerichts die rechtsextreme Kameradschaft “Freikorps”. Während die Haupttäter
die Anschläge einräumten, wiesen alle Angeklagten den Terrorismus-Vorwurf
zurück. Anwalt Michael Tschirschke, dessen Mandant als Rädelsführer zu
viereinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt wurde, sagte, die Revision werde
auf den Terrorismusvorwurf abzielen; nach seiner Überzeugung fehlten für
eine Verurteilung wesentliche Voraussetzungen. So habe die Gruppe weder eine
feste Struktur noch terroristische Zwecksetzungen gehabt.
Revisionsanträge im Neonazi-Prozess
Anwälte bestreiten Terrorismus-Qualität
(MAZ)BRANDENBURG/HAVEL Nach der Verurteilung von elf jungen Männern im Potsdamer
Neonazi-Prozess wegen Gründung der terroristischen Vereinigung “Freikorps”
haben bislang fünf Verteidiger Revision eingelegt. Nach Angaben des
Brandenburgischen Oberlandesgerichtes sollte die Antragsfrist am Montag um
Mitternacht auslaufen. Der zwölfte Angeklagte, der vor einer Woche nicht
wegen des Terrorvorwurfs verurteilt worden war, verzichtet auf Revision.
Auch die Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg will nach eigener Aussage
keine Rechtsmittel einlegen.
Die Gruppe aus Schülern und Lehrlingen aus der Gegend um Falkensee hatte aus
Fremdenhass zwischen August 2003 und Mai 2004 zehn Anschläge auf Imbisse und
Geschäfte von Ausländern im Havelland verübt. Ziel der
Untergrundorganisation war es, die wirtschaftliche Existenzgrundlage der
Kleinunternehmer zu vernichten, um sie so zum Wegzug aus Brandenburg zu
zwingen. Verletzt wurde bei den Brandanschlägen niemand. Der Sachschaden
betrug etwa 800 000.
Während die Haupttäter die Anschläge einräumten, wiesen alle zwölf
Angeklagten den — strafverschärfend wirkenden — Terrorismus-Vorwurf zurück.
Nach Einschätzung des Oberlandesgerichtes und der Generalstaatsanwaltschaft
hatte die Kameradschaft einen mit einer Terrorgruppe vergleichbaren
Organisationsgrad. Außerdem waren die Anschläge geeignet, Bevölkerungsteile
in Brandenburg in Angst und Schrecken zu versetzen sowie dem Land einen
erheblichen Schaden zuzufügen, weil es erneut als besonders
ausländerfeindlich beschrieben worden wäre.
Erstmals mussten sich vor dem Oberlandesgericht zwölf junge Männer wegen der
Gründung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Die
Revisionsverfahren werden vor dem 3. Senat des Bundesgerichtshofs in
Karlsruhe verhandelt. Dabei handelt es sich um eine reine Rechtsüberprüfung.
Die der Beweiswürdigung zugrunde liegenden Tatsachen werden in Karlsruhe
nicht noch einmal überprüft.
Zunächst werde jetzt die schriftliche Begründung des Urteils abgewartet,
sagte der Anwalt Michael Tschirschke. Sein Mandant, der 20-jährige
Abiturient Christopher H. aus Pausin bei Nauen, war als Rädelsführer zu
viereinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Die Revision werde auf
den Terrorismusvorwurf abzielen, so Tschirschke. Nach seiner Überzeugung
fehlten für eine Verurteilung nach Paragraf 129a) — Gründung terroristischer
Vereinigungen — wesentliche Voraussetzungen. So habe die Gruppe weder eine
feste Struktur noch terroristische Zwecksetzungen gehabt.