POTSDAM/FRANKFURT — Die Überlastung der Verwaltungsrichter in
Brandenburg
ist so extrem, dass die Landesverfassung durch überlange Verfahren in
noch
unbekanntem Ausmaß verletzt wird. Erstmalig in seiner zehnjährigen
Geschichte hat das Landesverfassungsgericht im jüngsten Beschluss
festgestellt, dass das in Artikel 52 verankerte Grundrecht auf ein
zügiges
Verfahren missachtet wurde.
Das höchste Gericht des Landes gab der Klage eines Kolumbianers statt,
der
gegen die lange Dauer seines Asylverfahrens prozessierte. Seit drei
Jahren
und fünf Monaten hatten Cottbuser Verwaltungsrichter den Fall nicht
ernsthaft bearbeitet. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Frankfurt
(Oder)
lässt nun alle 5666 Ver waltungsgerichtsverfahren prüfen, die nach drei
Jahren nicht abgeschlossen sind, so Sprecher Jan Bodanowitz. Das
Ergebnis
dürfte einen ungefähren Überblick über die Zahl der bisherigen
Verfassungsbrüche geben.
Den Richtern wirft niemand Versagen vor. Sie hätten eine “bundesweit
einzigartig hohe Anhangslast” von Verfahren zu bewältigen, so
OVG-Präsident
Dieter Liebert. Im Justizministerium stellt der stellvertretende
Sprecher,
Oliver Kramm, klar, dass in Brandenburg drei Verwaltungsrichter
durchschnittlich soviel arbeiten wie vier im Westen. Beim
Richterpersonal
könne unmöglich weiter gespart werden.
Die Verantwortung für den Bruch der Landesverfassung tragen offenkundig
Landesregierung und Haushaltsgesetzgeber. Sie hätten “zu akzeptieren,
dass
die Personalausstattung der Gerichte die Einlösung des Grundrechts auf
ein
zügiges Verfahren ermöglichen muss”, betonten die Verfassungsrichter.
Es
handele sich um einen staatlichen Auftrag, “der manchen anderen
staatlichen
Aufgaben eben deshalb vorgeht, weil ein Grundrecht in Frage steht”.
Dessen
ungeachtet fordern Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) und
SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch finanzielle Einschnitte auch für die
Justiz.
Dagegen will sich Justizministerin Barbara Richstein (CDU) in der
Kabinettsklausur heute dafür einsetzen, dass die “Justiz eine
angemessene
Ausstattung erhält”, damit Grundrechte in Brandenburg nicht verletzt
werden.