Innenminister Schröter hat für zwei Familien aus Forst und Potsdam trotz hunderter Unterschriften, Briefe und Stellungnahmen die Ersuchen der Härtefallkommission abgelehnt. Beide Familien – Roma aus Serbien – sind bestens integriert und in der hiesigen Gesellschaft verankert.
MitschülerInnen, LehrerInnen, NachbarInnen, Kirchenmitglieder und BürgerInnen aus Forst und Potsdam haben sich geäußert und eingemischt. Alle appellieren, den Familien ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren. Es sind die Stimmen aus der Zivilgesellschaft – oft von der Landesregierung für ihre engagierte Arbeit mit Geflüchteten gelobt – die hier übergangen und offenbar nicht gehört werden, wenn es um das Aufenthaltsrecht geht.
Stattdessen liegt der Entscheidung des Innenministers ganz offensichtlich zugrunde, dass beide Familien eine in seinen Augen zu kurze Aufenthaltszeit hätten und aus Serbien kommen und damit aus einem so genannten sicheren Herkunftsland. Damit führt der Innenminister die Arbeit der Härtefallkommission ad absurdum. Migrations- und ordnungspolitische Erwägungen, die aktuellen bundesgesetzlichen Asylrechtsverschärfungen zugrunde liegen, dürften die Arbeit der Härtefallkommission nicht berühren. Die bundesrechtlichen Verschärfungen im Hinblick auf die sicheren Herkunftsländer zielen pauschal auf schnellere Abschiebungen ganzer Gruppen, während es Aufgabe der Härtefallkommission ist, den Einzelfall unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsdauer zu betrachten und zu erörtern.
Mit seinen Entscheidungen, im Fall von Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten gegen die Kommission zu stimmen, konterkariert der Innenminister die Arbeit der Härtefallkommission und stellt sie somit grundsätzlich in Frage. Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten können in der Regel gar keine lange Aufenthaltszeit in Deutschland haben. Umso beachtlicher ist es, wenn sie in dieser vergleichbar kurzen Zeit eine starke Verankerung in der örtlichen Gesellschaft erreichen. Insofern kann auch bei ihnen in einer kurzen Zeit ein besonderer Härtefall vorliegen, der für eine Aufenthaltsgewährung relevant wäre.
Es geht bei den Überlegungen der Härtefallkommission weder um den Herkunftsstaat noch um Aufenthaltszeiten, sondern um das persönliche Schicksal der Menschen. Wird dies bei Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten nicht beachtet, wird ihnen grundsätzlich die Einzelfallprüfung im Härtefallverfahren verwehrt. Das widerspricht dem auf dem humanitären Einzelfall basierenden Ansatz der Härtefallkommission.
Trotz relativ kurzer Aufenthaltsdauer von zwei bzw. drei Jahren haben es die Familien Novakovi? und Brki? in außergewöhnlicher Weise geschafft, aktive Mitglieder der örtlichen Gesellschaft zu werden. Sie sind berufstätig, ehrenamtlich aktiv, dolmetschen und unterstützen andere Geflüchtete. Sie sind Mitglieder im Sportverein und interkulturellen Initiativen, die Kinder der Familie Novakovi? sind in der Schule längst integriert und gehen erstmals gern und mit einem Gefühl der Sicherheit zur Schule. Beide Familien haben zahlreiche UnterstützerInnen, FreundInnen und NachbarInnen gewonnen, die sie unterstützen und nun gegen die Entscheidung des Ministers protestieren.
Vor diesem Hintergrund ist es absurd, dass kurz nach Ende der “Dekade der Romainklusion”, in der sich die Europäische Union mit verschiedenen Programmen um die Inklusion von Roma bemüht hat, Kinder, die sich hier bestens in Schulleben und Kita integriert haben, in die Perspektivlosigkeit abgeschoben werden sollen – mit der Folge, eine Schule nicht mehr besuchen zu können.
Mit seiner Gutsherrenart wischt der Innenminister die Integrationsbemühungen zahlreicher Menschen einfach zur Seite und stellt sich für die vielen höflichen, aber auch fassungslosen Briefe von Ehrenamtlichen, LehrerInnen, ArbeitgeberInnen, FreundInnen und NachbarInnen taub. Einerseits positioniert er sich gegen rechte Übergriffe, andererseits torpediert er die Arbeit eben jener Menschen, die sich im Land Brandenburg gegen Rechts und für die Aufnahme von Flüchtlingen engagieren und häufig das Bollwerk gegen rechte Hetze vor Ort bilden. So kann keine Integration geflüchteter Menschen gelingen, so wird ein grundfalsches Signal in die Gesellschaft gesendet.
Wir fordern die Landesregierung und den Innenminister auf, den Familien Novakovi? und Brki? ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren und sie nicht aus dem Kreis ihrer neuen FreundInnen und NachbarInnen zu reißen.
Die Kinder dürfen nicht aus der Schule bzw. Kita und ihrem gewohnten Umfeld genommen und dahin abgeschoben werden, wo sie wieder Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt wären.
Wir fordern eine vorbehaltlose Prüfung des humanitären Einzelfalls in der Härtefallkommission, unabhängig von Herkunftsstaat und ordnungspolitischen Überlegungen.
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