(LR, 16.2.) Mehr als 1000 Tote und 13 000 Obdachlose, so benannte Steffen Krestin,
Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlungen, gestern Abend im überfüllten
Wintergarten des Cafés Zelig die Schreckensbilanz des 15. Februars 1945 für
Cottbus. Die RUNDSCHAU hatte eingeladen zu einer gemeinsamen Veranstaltung
der Reihen “Lausitzer Lesart” und “Geschichten zur Stadtgeschichte” . Im
Gespräch mit Johann Legner, stellvertretender Chefredakteur der RUNDSCHAU,
dem Cottbuser Museums-Chef und dem Publikum war Jörg Friedrich, Autor des
Bestsellers über den Bombenkrieg “Der Brand” .
Der Cottbuser Bahnhof sei nur ein Ausweichziel für die am Morgen des 15.
Februar 1945 gestartete 8. amerikanische Luftflotte gewesen, so Krestin.
Dichte Bewölkung hätte die geplanten Angriffe auf Böhlen, Ruhland und
Magdeburg verhindert. In Cottbus schien die Sonne, als der Angriff 11.51 Uhr
begann. “In nur einer halbe Stunde” , so Krestin, “klinkten mehr als 400
Flugzeuge 4000 Sprengbomben aus.” Allein auf dem Gelände des Krankenhauses
seien über 90 Einschläge gezählt worden.
Als besonders verheerend habe sich die Explosion eines Munitionszuges
erwiesen, der am Vormittag in den Bahnhof eingefahren war.
Was der Bombenkrieg für die Zivilbevölkerung bedeutete, machen
Erinnerungsberichte von Cottbusern deutlich. “Branitzer (Straße) 44 total
zerstört” , las Steffen Krestin aus dem Tagebuch einer Familie. “Unsere
Wohnung daneben lädiert. Wir müssen ausziehen und wissen noch nicht wohin .
. . Kaum eine Fensterscheibe in der Stadt ist erhalten. Daheim ist nicht mal
Licht. Die Stadt wird langsam richtig leer.”
In einem anderen Bericht heißt es: “Von der Marienstraße bis zum Berliner
Hof Trümmerberge. Die Bahnhofstraße nicht passierbar, riesige Bombentrichter
in der Blechenstraße, überall Leichenberge.”
Die Lutherkirche sei durch keinen unmittelbaren Bombentreffer zerstört
worden, so Steffen Krestin. Vielmehr hätten die Flammen von den benachbarten
Wohnhäusern auf den Kirchenbau übergegriffen.
Die Tage des Krieges dürften nicht vergessen werden, sagte der
Museumsdirektor. “Und wir müssen darüber nachdenken, wie es dazu gekommen
ist?” Es müsse auch gefragt werden, “wieso ein Krankenhaus getroffen wird,
das deutlich mit einem Roten Kreuz gekennzeichnet war.” Es gehe darum, die
Ereignisse so aufzuarbeiten, “dass wir die Lehren aus der Geschichte ziehen”
.
Die wichtigste Lehre für den Cottbuser Historiker heißt, “dass Krieg keine
Lösung bringt, sondern sehr viel Leid und Trauer” . So trage auch der
Historiker Jörg Friedrich dazu bei, sagte Johann Legner, “besser zu
erklären, was hinter dem 15. Februar steckt” .