ROHRLACK (bei Neuruppin) Die Übergriffe auf einen Rohrlacker beschäftigen nunmehr die CDU-Landtagsfraktion. Wachschützer und CDU-Mitglied Jörg. A. Nottle hatte dies in die Wege geleitet. Es soll über Gesetzesänderungen nachgedacht werden.
Laut Nottle wollen die Landtagsabgeordneten Rat von Brandenburgs Justizministerin Barbara Richstein (CDU) einholen. Diese solle Aussagen darüber treffen, inwieweit es auf Landesebene möglich ist, der Polizei mehr Handlungsspielraum zur Gewaltprävention zu geben. Diesen wolle die CDU-Fraktion laut Nottle voll ausschöpfen. Er argumentiert: „Es ist ja auch das, was Polizisten immer frustriert. Sie fangen die Verbrecher und müssen dann wieder auf freien Fuß setzen.“
In den vergangenen Wochen war es mehrfach zu Übergriffen auf einen Rohrlacker gekommen. Erst in der Nacht zum Sonntag wurde seine Wohnungstür beschädigt. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um dieselbe Person, die am Donnerstag wegen versuchter Nötigung desselben Opfers verurteilt wurde. Die Wohnung des Beschuldigten ist durchsucht worden. Dabei fanden die Beamten Pistolenmunition, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt.
Wegen des Verdachts auf ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, Volksverhetzung und Sachbeschädigung wird gegen den Rohrlacker Nico D. ermittelt. In der gestrigen Vernehmung habe der Beschuldigte sich auf die meisten Vorwürfe nicht eingelassen, hieß es gestern aus der Neuruppiner Hauptwache. D. habe in der Nacht zu Sonntag in Rohrlack eine Eingangstür beschädigt. Der Bewohner ist bereits mehrfach Opfer derartiger Übergriffe geworden. Erst am vergangenen Donnerstag ist D. wegen versuchter Nötigung schuldig gesprochen worden. In der Nacht nach der Verurteilung gab es weitere Übergriffe auf die Wohnung des Bedrohten.
Laut Polizei war der Verdächtige in der Tatnacht stark alkoholisiert. Der Atemtest ergab einen Wert von 2,36 Promille. In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft durchsuchten die Beamten noch am Sonntag die Wohnung des Beschuldigten. Dabei wurde diverse Pistolenmunition gefunden. Ebenso beschlagnahmten die Polizisten Schriften, deren Inhalt auf strafrechtliche Relevanz geprüft wird. Der Vorwurf der Volksverhetzung wird erhoben, da D. dem Geschäftsführer einer Wachschutzfirma antisemitische Parolen zugerufen habe.
Laut Polizei, habe sich D. in der Vernehmung darauf berufen, im Vollrausch gewesen zu sein. Er habe nach eigener Darstellung nicht mehr im vollen Bewusstsein gehandelt. Die Staatsanwaltschaft hat keine Untersuchungshaft beantragt. D. ist am Nachmittag wieder auf freien Fuß gelassen worden. Die Ermittlungen der Polizei dauern an.
“Behörden stoßen an ihre Grenzen“
Jörg A. Nottle, Geschäftsführer einer Wachschutzfirma, fordert klare Gesetze
Jörg A. Nottle ist Geschäftsführer der Wachschutzfirma, die das Atelier des Rohrlackers überwacht, gegen den es jüngst mehrfach Übergriffe gab. Nottle ist auch Mitglied der CDU. Mit ihm sprach RA-Mitarbeiter Gorm Witte.
Handelt es sich bei den Vorfällen in Rohrlack um einen eskalierten Nachbarschaftsstreit?
Nottle: Nein. Es liegt mir ein Drohbrief vor, dessen Inhalt wenig mit Nachbarschaftsstreit zu tun hat. Da sind ganz klare Worte enthalten. Streit ist etwas anderes. Hier geht es ganz klar um rechtsradikale Hintergründe.
Wie steht die Dorfbevölkerung diesen Vorwürfen entgegen?
Nottle: Das ist unterschiedlich. Es gibt Leute, die so etwas ganz rigeros ablehnen. Aber die alte ländliche Struktur kommt auch zum Tragen. Die Leute kennen sich untereinander und schützen sich.
Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern, damit diese Übergriffe aufhören?
Nottle: Alles, was Polizei und Justiz machen können, haben sie getan. Die Behörden brauchen mehr Möglichkeiten in der Gewaltprävention. Es kann nicht sein, dass das Opfer aus dem Ort wegziehen muss, weil es immer wieder bedroht wird. Es müssen auch zivilgesellschaftliche Zeichen gesetzt werden. Ich habe zum Beispiel in Rohrlack noch keine Lichterkette gegen Gewalt und Antisemitismus gesehen. Das wäre aber angebracht.
Sie sind der Ansicht, dass die Befugnisse der Polizei oder auch der Sondereinheit „Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt“ (Tomeg) nicht ausreichen?
Nottle: Zum Beispiel fehlt in dem vorliegenden Fall die rechtliche Grundlage ein psychologisches Gutachten von dem Täter anzufertigen. Muss es dem Bedrohten erst ans Leben gehen, bevor etwas dagegen unternommen wird? Ich habe um Polizeischutz gebeten. Der wurde mir bisher noch nicht zugesagt. Aber als Wachschützer können sich meine Mitarbeiter nur in dem uns gesteckten gesetzlichen Rahmen bewegen. Festnehmen und Verurteilen ist Sache des Staates.
In welcher Weise wurden Sie bezüglich der antisemitischen Vorfälle in Rohrlack auch politisch aktiv?
Nottle: Ich habe mit der CDU-Landtagsfraktion Kontakt aufgenommen. An diesem Beispiel sollte gezeigt werden, inwieweit das Land Brandenburg in der Lage ist, seine Bürger zu schützen. Wir merken, dass die Ermittlungsbehörden an ihre Grenzen stoßen.
Welches Ergebnis erwarten Sie von Ihrer Initiative?
Nottle: Das Ergebnis könnte eine gesetzliche Verschärfung sein. Gesetze sollen ein Stoppschild setzen. In diesem Fall ist eine hohe Strafe verhängt worden. Aber das hat den Täter nicht beeindruckt. Er ist wieder bei seinem Opfer aufgetaucht und hat es bedroht. Die nachträgliche Bestrafung allein reicht also nicht.
Wie könnte das im konkreten Fall aussehen?
Nottle: Zum Beispiel indem der Täter ein psychologisches Gutachten von sich erstellen lassen muss. Mit dieser Grundlage sollten die Richter dann entscheiden, ob er bis zum Prozess wieder auf Fuß kommt oder nicht.
MAZ — NEURUPPIN Tür zerstört und volksverhetzende Parolen gerufen
Am Sonntag gegen 17 Uhr wurde der Polizei mitgeteilt, dass ein Mann die Eingangstür in Rohrlack, Lindenhof, beschädigt hat. In der weiteren Folge kam es zu einem Streit und einer Schlägerei zwischen dem 24-jährigen Täter und dem 41-jährigen Geschädigten. Anschließend entfernte sich der
Tatverdächtige in unbekannte Richtung, konnte jedoch in unmittelbarer Nähe des Ereignisortes durch einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma festgestellt und den eintreffenden Polizeibeamten übergeben werden. Der
stark betrunkene 24-Jährige (2,36 Promille), der zuvor gegenüber dem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma volksverhetzende Parolen geäußert hatte, wurde in Gewahrsam der Polizeiwache Neuruppin gebracht.
Eine Blutentnahme wurde angeordnet und durchgeführt. Weiterhin wurde in Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Wohnungsdurchsuchung bei dem Tatverdächtigen durchgeführt, die zum Auffinden diverser
Pistolenmunition sowie Schriften, deren Inhalt auf strafrechtliche Relevanz geprüft wird, führte. Gegenwärtig kann sich der 24-Jährige im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung zum Tatvorwurf der Sachbeschädigung, Verdacht Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie zum Verdacht der
Volksverhetzung äußern.