Gegner des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen aus dem ganzen Landkreis haben gestern an einer motorisierten Protestaktion teilgenommen. Nach einer Art Sternfahrt trafen sich die rund 200 Teilnehmer zunächst in Neuhardenberg und fuhren dann weiter zu einer Kundgebung auf dem Seelower Marktplatz.
“Wer haftet für den Schaden?” “Genmanipulation fummelt an der Grundlage unseres Lebens. Stoppt die Zauberlehrlinge!” Genmais macht reich — und glücklich!?” Solche und andere Losungen standen auf den zahlreichen Transparenten, die die Teilnehmer der Demonstration mit sich führten. Landwirte, Gärtner und Imker, aber auch viele andere — vorwiegend junge — Anhänger von Greenpeace und Bündnis 90/Die Grünen waren per Fahrrad, mit Traktoren, Lkw und Transportern aus ganz Märkisch-Oderland gekommen.
Unterstützung erhielten die Organisatoren vom Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft in Märkisch-Oderland auch von der evangelischen Landeskirche. Deren Umweltbeauftragter, Pfarrer Reinhard Dalchow, knüpfte an das Bibelwort “macht euch die Erde Untertan” an, das die Verfechter der Gentechnik in der Landwirtschaft schamhaft missbrauchen würden. “Das Bibelwort meint nicht, dass man auf der Erde rumtrampeln, sondern sie im Interesse der Schöpfung nutzen und bewahren soll”, betonte der Vertreter der Landeskirche unter dem Beifall der Demonstranten.
Dalchow widersprach dem Vorwurf, die Kirchen seien Feinde des technischen Fortschritts. “Wir Christen sind nur gegen unkalkulierbare Risiken, die die Schöpfung verändern”, machte der Pfarrer deutlich. Unter dem tosenden Applaus der Demonstranten verwies Reinhard Dalchow auf den Beschluss der Landeskirche, dass auf Kirchenflächen keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden dürfen.
Einen solchen Beschluss auch für kreiseigene Flächen zu fassen und eine Selbstverpflichtung einzugehen, dass in kreislichen Einrichtungen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel angeboten werden dürfen, dazu will die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen erneuten Vorstoß unternehmen. Das erklärte Kreistagsabgeordneter Burkhard Petzold.
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Mehrere Redner, vorwiegend Öko-Bauern und ‑Gärtner sowie Imker aus dem Landkreis, machten darauf aufmerksam, dass sie sich durch den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in ihrer Existenz bedroht sehen und die gesetzlichen Abstandsregelungen für eine “Farce” halten.
Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Henrik Wendorff — selbst Chef eines Öko-Landwirtschaftsbetriebes in Worin — warb für einen fairen Umgang zwischen Öko- und konventionell wirtschaftenden Betrieben. Er machte darauf aufmerksam, dass sich durchaus nicht nur Bio-Bauern, sondern auch andere Betriebe dem Aktionsbündnis “Gentechnikfreie Zone Märkisch-Oderland” angeschlossen hätten. Sonst sei es nicht möglich, dass die Zone bereits rund 15 000 Hektar umfasst. Dem stehen aktuell 113 Hektar Anbaufläche mit gentechnisch verändertem, so genanntem Bt-Mais im Landkreis gegenüber.
Mit Bio-Roggenmischbrot aus dem Klosterdorfer Holzbackofen und Bio-Salat aus dem Eggersdorfer “Apfeltraum”-Hof konnten sich die Demonstranten stärken, bevor sie gegen 14 Uhr die Heimreise antraten.
Polizisten der Seelower Wache sicherten den Demonstrationszug ab. Vor allem auf der B 167 zwischen Gusow und Seelow bildete sich ein zum Teil erheblicher Stau.Mehrere Redner erklärten während der Kundgebung auf dem Seelower Marktplatz, warum sie gegen Gentechnik in der Landwirtschaft Märkisch-Oderlands sind. Hier einige Auszüge:
Isolde Mohr, Imkerin aus Trebnitz: Wir sind als Imker besonders betroffen. Denn unsere Bienen halten sich nicht an gesetzliche Mindestabstände. Solche Regelungen sind eine Farce. Auch wenn es nicht gerade Mais-Honig gibt — die Bienen fliegen den Mais durchaus an und durch den Genmais wird es, wenn auch über längere Zeit, eine Veränderung des Honigs geben. Fakt ist: Für uns Imker gibt es keine Koexistenz!
Walter Prochnow, Bio-Landwirt aus Jahnsfelde: Wir vermarkten unsere Produkte überregional. Schon jetzt gibt es die ersten Händler, die eine Bestätigung verlangen, dass nichts gentechnisch Verändertes drin ist. Wer bezahlt mir die Untersuchungen für diesen Nachweis? Letztlich müssen wir uns wehren, weil die Politik versagt hat.
Martin Merk, Ökospeicherverein Wulkow: Die Problematik stellt sich nicht nur für Landwirte. Auch Touristen, die wegen unserer herrlichen Landschaft her kommen, verfolgen den verstärkten Genmaisanbau mit großem Befremden.
Frank Thun, Bio-Gärtner aus Obersdorf: Wir sind hier der Willkür einiger Weniger ausgesetzt. Es bedarf der Solidarität aller Landwirte, Gärtner, Imker und anderer Gentechnikgegner, um dem Einhalt zu gebieten.
Uwe Kunath, Grünen-Abgeordneter in der Strausberger Stadtverordnetenversammlung: Wir werden als Fraktion Alternative Jugend einen Antrag einbringen, dass auf städtischen Flächen der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verboten wird.