Der Skandal um “Rosa Listen” bei der Polizei weitet sich aus. Auch die
Polizei in Brandenburg erfasst die sexuelle Orientierung von Personen in
ihrer Software, berichtet das Online-Magazin Queer.de. Das
Innenministerium will jetzt allerdings eine Sperrung der entsprechenden
Katalogsoptionen veranlasst haben.
Zur Erfassung von Strafanzeigen und Verkehrstraftaten wird in
Brandenburg das Polizeiliche Auskunftssystem Straftaten (PASS) genutzt,
das nach Angaben des Innenministeriums 1998 von Sachsen übernommen
wurde. “Das System PASS ist eine ausschließlich polizeiinterne
recherchefähige Anwendung mit Angaben zu Tatverdächtigen, zur Tat sowie
in Ausnahmefällen zu Opfern. Angaben zu Zeugen oder Unbeteiligten werden
nicht erfasst”, erklärte am Freitag Dorothée Stacke, Pressesprecherin
des Ministeriums, gegenüber Queer.de.
Im Bereich der “Opfercharakteristik” ließen sich Personaldaten mit den
Katalogwerten “Homosexueller”, “Strichjunge” und “Transvestit” versehen.
“Darüber hinaus ist für die Erfassung der Tat ein Eingabefeld mit dem
Hinweis auf Homosexualität, die mit der Tat in Verbindung stehen könnte,
vorhanden. Der Eintrag in den jeweiligen Katalogfelder[n] ist nicht
obligatorisch als Pflichtfeld vorgegeben”, so Stacke. Eine Recherche im
System für den Zeitraum 1995 bis jetzt habe 15 Einträge mit dem Vermerk
“Homosexueller” und einen Eintrag mit dem Vermerk “Transvestit” ergeben.
Die Entwicklung des Systems sei unter dem Gesichtspunkt geschehen, “über
Besonderheiten der Opfercharakteristik bzw. der Tat kriminalistisch
relevante Informationen zur Ermittlung von Tatverdächtigen zu erlangen,
die wiederkehrend spezielle Tatbegehungsweisen verfolgen bzw. Opfer auf
Grund besonderer Neigungen oder Besonderheiten aussuchen”, so die
Pressesprecherin. “Im Zusammenhang mit der nunmehr erfolgten Prüfung
wurde festgestellt, dass diese Daten bisher jedoch keine Relevanz in der
Ermittlungstätigkeit erlangt haben. Durch MI BB wurde daher die Sperrung
des Katalogfeldes veranlasst.” Eine Löschung der erfolgten Einträge
werde derzeit geprüft.
Hintergrund: In den letzten Monaten war bekannt geworden, dass in der
Software IGVP, die von der Polizei in Bayern, Thüringen und in NRW
eingesetzt wird, ein “Aufenthalt von Homosexuellen” vermerkt werden
kann. Im Schreibprogramm zu IGVP lässt sich zudem “Homosexueller” unter
Tätergruppe elektronisch ankreuzen. Eine Umfrage der queer.de-Redaktion
an alle Innenministerien hatte später ergeben, dass auch in Sachsen
Datenmerkmale über Homosexualität erfasst werden (s. a.
hier). Alle übrigen
Bundesländer erfassen solche Daten laut eigenen Angaben nicht, aus
Berlin fehlt jedoch noch immer eine Antwort an die Redaktion. Auch das
Bundesinnenministerium hat noch nicht auf Fragen der Redaktion
geantwortet, nachdem das Innenministerium in Sachsen geantwortet hatte,
im bundesweiten System “Inpol” lasse sich die sexuelle Orientierung von
Tatopfern erfassen.