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(Anti-)Rassismus Law & Order

Rot-Rote Abschiebungen

Berlin-Brandenburg erhält einen neuen Abschiebeknast. Auf dem Gelände des Flughafens Berlin-Schönefeld soll ein neues Gefängnis für diejenigen entstehen, deren einziges “Vergehen” es ist, aus widrigen Lebensbedingungen nach Deutschland geflohen zu sein. Damit wird die übliche Praxis weiter zementiert, über den Flughafen eingereiste Flüchtlinge mit Hochgeschwindigkeit wieder abschieben zu können. Die Asylsuchenden sollen nach dem Willen der Behörden gar nicht erst nach Deutschland einreisen, sondern auf dem exterritorialen Flughafengelände bleiben.

 

Rot-Rote Flüchtlingspoli­tik

Gebaut wird das Gefäng­nis von der Flughafen Berlin-Schöne­feld GmbH, deren Gesellschafter neben dem Bund auch die Län­der Bran­den­burg und Berlin sind. Betreiber des bis Juni 2012 fer­tig gestell­ten Kom­plex­es wird das Land Bran­den­burg sein. Mit der Anstel­lung der Sicher­heits­fir­ma B.O.S.S. wer­den außer­dem einige Bere­iche des Betriebs pri­vatisiert werden.

 

Anti­ras­sis­tis­che Ini­tia­tiv­en rufen für den 8.12. unter dem Mot­to “Be Berlin — Be Schöne­feld — Be Abschiebek­nast!” zu ein­er Kundge­bung vor dem Roten Rathaus in Berlin auf. Am 10.12. wird es eine Demon­stra­tion zum Berlin­er Abschiebek­nast Grü­nau geben.

 

Die Behör­den haben es eilig

Im Rah­men des “Flughafen­ver­fahrens” sind nur zwei Tage vorge­se­hen, das Asylge­such eines Flüchtlings zu “prüfen” und über sein Schick­sal, und damit nicht sel­ten über Folter und Gewalt zu entschei­den. Die Flüchtlinge wer­den entwed­er eilig wieder abgeschoben oder dür­fen anschließend nach Deutsch­land ein­reisen, um zunächst einen offiziellen Asy­lantrag zu stellen. Es liegt auf der Hand, dass es in einem Zeitraum von zwei Tagen äußerst schwierig bis unmöglich sein dürfte, über die Asyl­gründe eines Flüchtlings aus­re­ichend informiert zu sein. Mehr zynisch als sozial ist die darauf fol­gende dre­itägige Ein­spruchs­frist gegen den Entscheid des zuständi­gen Amtes für Migra­tion und Flucht (BAMF) vor Gericht. 

 

Ver­höre statt Anhörungen

Nach ein­er vom Fördervere­in Pro Asyl her­aus­gegebe­nen detailierten Studie (pdf-Link) weist die konkrete Prax­is der Behör­den in den übereil­ten Flughafen­ver­fahren dementsprechend auch regelmäs­sig “ele­mentare Män­gel” auf. So heißt es darin über die konkrete Arbeit der Behör­den u.a.:


(…) Ver­stöße gegen ele­mentare Ver­fahrens­grund­sätze, unzure­ichende Aufk­lärung von Sachver­hal­ten, unsen­si­ble Anhörun­gen, geringe Län­derken­nt­nis, unzure­ichende Pro­tokol­lierung, ober­fläch­liche Beschei­de, Ver­höre statt Anhörun­gen. Ein beson­deres Ärg­er­nis ist und bleibt der Umgang mit mut­maßlichen Opfern von Folter und sex­u­al­isiert­er Gewalt. Hier bleibt das Bun­de­samt weit­er­hin hin­ter den eige­nen Ansprüchen zurück.”

 

Spät­folge des “Asylkom­pro­miss”

Einge­führt wurde die geset­zliche Möglichkeit des “Flughafen­ver­fahrens” im Jahre 1993, im Bün­del mit ein­er Rei­he von weit­eren Geset­zen hin­sichtlich des Asyl­rechts. Dieses — euphemistisch “Asylkom­pro­miss” genan­nte — Geset­zes­paket bedeutete die fak­tis­che Abschaf­fung des Rechts auf Asyl in Deutsch­land. Wie das men­sche­nun­würdi­ge Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, das in eini­gen Bran­den­burg­er Land­kreisen in sein­er beson­ders stren­gen Ausle­gung prak­tiziert wird, dient auch das übereilte Flughafen­ver­fahren dazu, Flüchtlinge von vorn­here­in davon abzuschreck­en, in Deutsch­land ihr Men­schen­recht auf Asyl wahrzunehmen.


 

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