Rudolf-Hess-Aufkleber: Nazipropaganda-Welle überflutete das Westhavelland
(AOW) In den beiden westhavelländischen Städten Rathenow und Premnitz sowie in der Gemeinde Hohenauen, wurden in der Zeit vom 15. bis 18.August rechtsextreme Aufkleber, Plakate und Flyer entfernt, die im Zusammenhang mit dem Todestag des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Hess von Neonazis geklebt wurden.
Besonders hoch war dabei die Anzahl der aufgetauchten Aufkleber, mindestens 284. Das heißt, in drei Tagen wurde mehr verklebt (und entfernt), als in den Monaten Januar bis Juli 2002 und sogar mehr als im gesamten Jahr 2001.
Insgesamt ist die Anzahl der entfernten Aufkleber im laufenden Jahr damit auf 509 und damit auf den bisherigen Höchststand seit 1945, möglicherweise überhaupt gestiegen.
Ungefähr 90 Prozent des gesamten Propagandamaterials, welches in diesen Tagen auftauchte, wurde in der havelländischen Kreisstadt Rathenow entfernt. Dort löste die Polizei auch eine Gedenkveranstaltung in einem Treffpunkt von Neonazis in einem Garagenkomplex in der Kleinen Waldemarstraße auf. Hitler und Hessbilder, eine Reichskriegsflagge, mehrere Tonträger sowie die Musikanlage wurden polizeilich beschlagnahmt.
Damit hatten die sich dort treffenden Neonazis gleich doppelt Pech. Bereits am 23.Juli durchsuchten Antifas die Garage und stellten u.a. fünf Fahnen, 22 Tonträger, mehrere Flugblätter und Hitlerbilder sicher.
Unschön hingegen war eine Polizeiaktion in den frühen Morgenstunden des 17.Augustes. Sechs junge Männer wurden von mehreren Einsatzwagen gestoppt und mussten ihre Personalien abgeben, als sie Aufkleber mit der Aufschrift „Rudolf Hess — Märtyrer für Deutschland“ entfernten.
Vorgeblicher Grund für die „Fahndungskontrolle“: Die jungen Männer hätten herumgelungert und hätten sich dadurch verdächtig gemacht.
Als den PolizistInnen mitgeteilt wurde, das hier Nazipropaganda entfernt würde, weil gewisse Beamte dazu anscheint zu unfähig waren, wurde entgegnet: „Davon haben wir schon genug abgemacht“ und „Wir sind doch nicht die Putzkolonne“.
Antifaoffensice Westhavelland
Hess-Demo in Wittstock / Hintergründe
(Inforiot) Am kommenden Sonnabend, dem 24.8., sollte in Wittstock eine Hess-Gedenkdemo stattfinden. Inzwischen wurde die Demo abgesagt weil, so die Nazis, wegen der Flut “an Elbe und Mulde jede Hand gebraucht wird um Schaden abzuwenden oder zu beheben”.
Dieser “Rudolf-Hess-Gedenkmarsch Norddeutschland” sollte im Rahmen der bundesweiten Hess-Gedenkwoche stattfinden, deren Höhepunkt die Nazidemo in Wunsiedel war. Auch 2001 demonstrierten 70 Nazis in Wittstock in Gedenken an Rudolf Hess. Der Aufmarsch war vom NPD-Kreisvorsitzenden Mario Schulz angemeldet worden.
Auch die Lokalausgabe der MAZ berichtete über die rechten Propagandaaktionen im Westhavelland: Rathenow/Premnitz: Rechte Aufkleber und Propagandamaterialien. Berichte über ähnliche Vorfälle liegen zudem aus Schwarzheide und Ruhland (Südbrandenburg) sowie Prenzlau und Umgebung vor. Mitte Juli wurde ein Textblatt zu einem Hess-Gedenklied in einem Jugendklub in Münchehofe gemeldet.
Hintergründe zur Naziszene im Westhavelland sind in der Onlinebroschüre eines Antifa-AutorInnen-Kollektivs nachzulesen.