berliner morgenpost:
Rückkehr der Kinder von Ravensbrück
hajo Fürstenberg/Oranienburg — In den KZ-Gedenkstätten Ravensbrück bei Fürstenberg und Sachsenhausen in Oranienburg ist gestern im Landkreis Oberhavel an die Befreiung der Nazi-Gefangenenlager vor 57 Jahren gedacht worden. Im größten Frauen-KZ auf deutschem Boden, in Ravensbrück, wurde in diesem Jahr der im Lager geborenen oder inhaftierten Kinder gedacht. Nina Kalita aus der Ukraine und Liliane Leignel aus Frankreich waren zwei der insgesamt 1150 Kinder aus 18 Ländern im Lager. Es wird geschätzt, dass nur 50 Kinder-Häftlinge heute noch leben.
Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) hatte auf der Gedenkfeier aus dem Bericht der Polin Hanna Wasilczenko-Lubisz vorgelesen, die im Lager 1944 machtlos zu sehen musste, wie ihr im Krankenrevier geborener Sohn, innerhalb von 16 Tagen von einem Kind zum Greis wurde und schließlich starb.
Johanna Wanka kündigte an, dass Bereiche des früheren KZ, die nicht zugänglich sind und nach Aussagen von Häftlingsfrauen noch «unwürdig» aussehen, ein Konzept erarbeitet wird, das mit einer «positiven Perspektive verbunden» sei. Die Kulturministerin hob hervor, dass seit der Eröffnung einer internationalen Jugendstätte, Defizite bei jungen Menschen zur Geschichtsbetrachtung und in der Gedenkstättenpädagogik, besser ausgeglichen werden können.
In Vertretung von Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland, forderte Laura Spindler als überlebende Häftlingsfrau von der Bundesregierung das Versprechen zur Errichtung eines Holocaust-Denkmals für ermordete Sinti und Roma einzulösen.
berliner zeitung:
3 000 Menschen gedachten der KZ-Befreiung
Auch Ex-Häftlinge zu Gast
FÜRSTENBERG/HAVEL. Mit einer Reihe von Veranstaltungen haben die Gedenkstätten Ravensbrück und Sachsenhausen am Wochenende an die Befreiung der KZ-Häftlinge vor 57 Jahren erinnert. Vertreter des öffentlichen Lebens und von Häftlingsverbänden legten Kränze und Blumen nieder. Redner riefen dazu auf, den Rechtsextremismus zu bekämpfen, und forderten, ein Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin zu bauen.
Auf der Gedenkfeier in Ravensbrück mahnte Laura Spindler vom Beirat des Heidelberger Dokumentationszentrums Deutscher Sinti und Roma, das Leiden und Sterben aller NS-Opfer niemals zu vergessen. Vor allem junge Menschen müssten sich stärker mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen, forderte Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU). In Sachsenhausen bezeichnete es der Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, Axel R. Bunz, als eine €päische Aufgabe, die Gedenkorte zu gestalten sowie Jugendprojekte zu unterstützen. Die KZ-Überlebenden wollten ihren Beitrag leisten, um die Erinnerung für die Gegenwart zu bewahren, sagte der Präsident des Internationalen Sachsenhausen-Komitees, Pierre Gouffault.
90 Überlebende kamen
An den Gedenkfeiern nahmen insgesamt 3 000 Gäste teil, darunter rund 90 Überlebende. Zum Abschluss ist für Montag eine Veranstaltung am ehemaligen KZ-Außenlager Klinkerwerk in Oranienburg geplant. Spindler erinnerte daran, dass im nationalsozialistisch besetzten Europa über 500 000 Sinti und Roma fabrikmäßig ermordet worden seien. Wanka sagte, sie hoffe, dass sich alle etwa 50 noch lebenden Häftlingskinder bald treffen. Es sei eine der wichtigsten Aufgaben der Gedenkstätte Ravensbrück, den früheren Häftlingen ein Erinnern zu ermöglichen.