PLESSA Die als kriminelle Vereinigung verbotene militante
Neonazi-Organisation “Skinheads Sächsische Schweiz” (SSS) versucht
offenbar
getarnt, Einfluss in Brandenburg zu gewinnen. Unter den 150
Kurzhaarigen in
Springerstiefeln, die sich am Wochenende zu einer Musikveranstaltung in
Plessa (Elbe-Elster) trafen, befand sich nach Informationen der MAZ
auch der
24-jährige Thomas R. aus Struppen bei Pirna in Sachsen. Der
Kfz-Mechaniker
galt als Nummer zwei in der Hierarchie der SSS. Gemeinsam mit sechs
weiteren
Führungskadern muss sich R. wegen gefährlicher Körperverletzung,
Landfriedensbruchs und Volksverhetzung seit einem Jahr vor dem
Landgericht
Dresden verantworten.
R.s Aufenthalt in Brandenburg war offenbar kein Zufall. Nach Auskunft
von
Kennern der rechtsextremen Szene hält sich Thomas R. an fast jedem
Wochenende in Südbrandenburg auf. Er verfolge wahrscheinlich einen
Auftrag,
heißt es. Vermutet wird, dass R. neue Strukturen aufbauen und
Verflechtungen
zwischen der brandenburgischen und sächsischen Neonazi-Szene herstellen
soll.
Ob neben R. weitere ehemalige SSS-Kader in Brandenburg aktiv sind, muss
noch
geprüft werden. Der sächsische Verfassungsschutz geht davon aus, dass
die
gewaltorientierte Organisation trotz ihres Verbotes im April 2001 im
Untergrund weiterhin aktiv ist — allerdings besser getarnt.
Eine Aktivität der SSS in Brandenburg würde das Gewaltpotential der
Neonazi-Szene erheblich steigern. Die SSS ist für Brutalität und
Militanz
berüchtigt. Bei der Durchsuchung von 51 Wohnungen im Juni 2000
entdeckte die
sächsische Polizei ein Waffenlager mit mehr als zwei Kilogramm
TNT-Sprengstoff, Teilen von Handgranaten, scharfen Zündvorrichtungen,
Munition und Pistolen. Nach Auskunft des Informationsdienstes gegen
Rechtsextremismus (IDGR) hatten Mitglieder der SSS schon zuvor mit
Sprengstoff experimentiert. Zudem seien sie paramilitärisch ausgebildet
worden. “In Deutschland kam es zur Ausbildung an Handfeuerwaffen, in
Tschechien auch an schweren Waffen.”
Nach Einschätzung des Landeskriminalamts Sachsen, so IDRG, ist die SSS
“eine
militante und straff organisierte Neonazi-Gruppierung, deren
politisches
Ziel es ist, Menschen anderer Hautfarbe, aus anderen Ländern, Linke und
Andersdenkende mit Mitteln der Gewalt zu bekämpfen”. Laut Dresdener
Staatsanwaltschaft soll R. an einem Überfall auf eine Gruppe junger
Leute an
der Elbe bei Pirna beteiligt gewesen sein. Die Opfer wurden mit
Knüppeln,
Schlagstöcken und Springerstiefeln angegriffen. In dem noch andauernden
Prozess vor dem Dresdener Landgericht war R. der einzige der sieben
Angeklagten, der die Antwort auf die Frage des Richters nach einer
Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden verweigerte. Seither hält sich
das
Gerücht, R. könne ein V‑Mann sein.