(HK)Der Fall klingt banal: Eine versuchte gefährliche Körperverletzung und eine Beleidigung werden am Freitag ab 9.30 Uhr im Amtsgericht verhandelt. Das Pikante des Falles liegt in der Anklage. Denn die Staatsanwaltschaft nimmt einen rechtsextremen Hintergrund für den Fall an, während die Polizei damals von einer unpolitischen Tat ausging. Ein Bericht der PNN war ebenso von einem rechtsextremen Motiv ausgegangen und dafür von der Polizei öffentlich kritisiert worden: Es sei „nicht förderlich für die gesamte Atmosphäre in der Stadt“, Personen politisch zu „stigmatisieren“.
Der Vorfall ereignete sich am Abend des 5. Septembers 2006. Dabei waren die zwei Potsdamer Jung-Politiker Daniel P. und Norbert M. – beide engagieren sich in der PDS-nahen Jugendorganisation „solid“ – an der Langen Brücke auf mehrere Radfahrer getroffen. Norbert M. trug ein T‑Shirt mit der Aufschrift „Socialist“ (Sozialist), dass ihn als Anhänger der linken Szene auswies. Nach einem zufälligen Sturz sei einer der Radfahrer – der nun angeklagte 20-jährige Potsdamer Jan W. – zu ihnen gelaufen, habe „Scheiß Antifa“ gerufen und versucht, sein Fahrrad gegen Daniel P.s Rücken zu schleudern. Allerdings wurde P. nach eigenen Angaben nur mit dem Rad gestreift. Am Bahnhof hätte schließlich eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsextremer gestanden, zu der sich der Angeklagte gestellt hätte – an diesem Punkt holten Daniel P. und Norbert M. schließlich die Polizei. Jan W. gilt als Mitglied der Potsdamer Neonazi-Szene.
Der Verein Opferperspektive, der Opfer rechter Straftaten betreut, begrüßte gestern die Anklage: „Für Betroffene rechter Gewalt kann es sehr wichtig sein, dass erlebte Angriffe öffentlich als rechts eingestuft und anerkannt werden.“ Polizeisprecherin Angelika Christen wollte sich der Neubewertung gestern nicht anschließen, sagte aber auch: „Es steht uns nicht zu, diese Einordnung zu bewerten.“