BGS-Beamte an Ostgrenze machen sich Gedanken um ihre Zukunft / Schlagbäume könnten schon 2007 fallen
(Tagesspiegel, Jörg Schreiber) Frankfurt (Oder). Die Beamten des Bundesgrenzschutzes (BGS) machen sich
Gedanken um ihre berufliche Zukunft. “Nein, Zukunftsangst haben die Kollegen an den Grenzen zu Polen und Tschechien nicht”, sagt Knut Paul mit Blick auf die EU-Osterweiterung in drei Monaten. Der Chef des
Bundesgrenzschutzverbandes — der BGS-Gewerkschaft — verweist darauf, dass es
die Passkontrollen weiterhin geben werde und die Aufgaben nach dem Rückzug
des Zolls von der Grenze am 1. Mai eher wachsen würden.
“Wir müssten eigentlich aufstocken”, sagt Paul. Schließlich würden 50
Prozent der Streifen — die des Zolls — ab 1. Mai wegfallen. Und auch 35
Prozent der polnischen Grenzschützer würden ab Mai ihren Marschbefehl
Richtung Ostgrenze erhalten. Der BGS müsse sich intern umorganisieren, um
diese Lücken zu schließen.
Doch rückt ein weiteres Datum näher, dass auch für den BGS Veränderungen
bringen wird: Der Beitritt Polens zum Schengen-Abkommen, mit dem dann auch
die Passkontrollen entfallen.
War früher vom Jahr 2010 oder 2011 die Rede, so werde jetzt “von einem
Zeitraum 2006/2007 plus x” gesprochen, sagt Paul. Das heißt, schon in rund
drei Jahren könnten auch die letzten Schlagbäume an der Grenze zu Polen und
Tschechien fallen.
Das sei nicht mehr so lange hin. Die Kollegen wollten deshalb wollen, wo sie
dann eingesetzt werden. “Wir brauchen zeitnahe politische Entscheidungen,
welche Aufgaben der Bundesgrenzschutz nach dem Wegfall der Kontrollen
erhält”, fordert Paul. Zwar sei der BGS schon heute auch für die Bahn und
die “Grüne Grenze” zuständig. Aber mit 50 bis 75 Prozent sei der Großteil
des Personals an den Übergängen eingesetzt. Zwischen Oderhaff und Passau
seien immerhin 6000 Grenzschützer im Einsatz.
Paul wirbt seit langem für die Umwandlung des BGS in eine echte
Bundespolizei. Die sollte nach seiner Ansicht beispielsweise auch bei der
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung eingesetzt werden. Denn bei der
Schwarzarbeit werde die unerlaubte Einwanderung deutlich sichtbar. Und er
fordert ein Informations-Netzwerk gemeinsam mit Zoll, Ländern und auch den
Nachbarstaaten, um “den Migrationsfluss halbwegs in den Griff zu bekommen”.
Auch der für Innere Sicherheit zuständige SPD-Vize-Fraktionschef im
Bundestag, Hans-Joachim Hacker, fordert “ein vernünftiges Sicherheitskonzept
von Polizei und BGS”. Das Schengen-Informationssystem — in dem die
Fahndungsdaten sämtlicher beteiligter Länder gespeichert sind — arbeite
schon heute am Rande der Kapazität. Das neue System “Schengen II” werde erst
in einigen Jahren zur Verfügung stehen. “Wir hinken der Zeit beträchtlich
hinterher”, sagt er.
Paul ist überzeugt, dass ohne das neue System, das frühestens ab 2006
arbeiten solle, eine Ausweitung der Schengen-Freiheit nicht möglich sei.
Andererseits seien die EU-Beitrittsländer beim Ausbau ihrer Ostgrenzen schon
sehr weit, es gebe dort modernste Grenzabfertigungsanlagen. Die Länder
würden auf einen schnellen Beitritt zum Schengen-Abkommen drängen.
Seit den 90er Jahren seien Millionen von der EU an die Ostgrenzen geflossen,
gebe es Projekte des BGS mit 14 Staaten bis hin zur Ukraine, sagt Hacker.
Die Erfolge sind schon sichtbar: Während es an der Grenze zu Polen im
vergangenen Jahr 1500 Aufgriffe von Migranten gab, waren es laut Paul
zwischen Österreich und Bayern — wo die Schlagbäume schon längst gefallen
sind — dreimal so viel.