Die »Brandenburger Schlachteplatte« ist wieder da. Dabei war der Spitzname für die in den 90er Jahren heillos zerstrittene und in Intrigen verwickelte CDU des ostdeutschen Bundeslandes schon beinahe vergessen. Jörg Schönbohm hatte es seit 1999 geschafft, die Partei zu einen und sogar in die Landesregierung mit der SPD zu führen. Doch kaum hat der 69jährige für das kommende Jahr seinen Rückzug vom Landesvorsitz angekündigt, brechen die verbitterten Grabenkämpfe wieder auf.
Im Zentrum steht der junge Generalsekretär Sven Petke, dem selbst Ambitionen auf den Landesvorsitz nachgesagt werden. Die Chancen des 38jährigen sind in den vergangenen Tagen allerdings rapide gesunken. Nicht nur, daß Landesinnenminister Schönbohm den Parteivizechef und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns als seinen Nachfolger vorgeschlagen hat. Es sind vor allem die Bespitzelungsvorwürfe des bisherigen Internetbetreuers der Landes-CDU, die auch führende Brandenburger Christdemokraten in Rage bringen. Daniel Schoenland beschuldigte Petke und Landesgeschäftsführer Rico Nelte nach Streit um die Honorierung seiner Dienste, ein Überwachungssystem für E‑Mails installiert zu haben. Jede über die offizielle Parteiwebsite cdu-brandenburg.de an die Landesvorstandsmitglieder verschickte Mail sei in der Landesgeschäftsstelle gelesen worden, behauptete der Internet-Unternehmer.
Petke hat dies im Prinzip bestätigt, verteidigte sich aber, das Verfahren der Mail-Verteilung sei »transparent und jedem bekannt« gewesen. Die Landesgeschäftsstelle habe wie eine Poststelle die Nachrichten geöffnet, Unwichtige aussortiert und wichtige an die Adressaten weitergeleitet. Das für die Datenaufsicht zuständige und von Schönbohm geführte Brandenburger Innenministerium hat diese Praxis mittlerweile als unbedenklich bewertet.
Doch das Hauen und Stechen unter den märkischen Parteifreunden war nicht mehr zu stoppen. Zehn von 17 Mitgliedern der CDU-Landtagsfraktion sprachen sich auf ihrer jüngsten Sitzung dafür aus, daß Petke sein Amt bis zur Aufklärung der Vorwürfe ruhen lassen solle. Auch Justizministerin Beate Blechinger und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, deren Mail-Adressen zu den überwachten gehören sollen, forderten den vorläufigen Amtsverzicht des Generalsekretärs. Doch Petke beharrt darauf, das Vertrauen des Vorsitzenden und des geschäftsführenden Landesvorstandes zu haben. Und er steht in seiner Partei längst nicht alleine da. In den vergangenen Jahren hat der frühere Verfassungsschützer ein weitverzweigtes Beziehungsnetz gesponnen. Im Landesvorstand sitzen mehrheitlich Leute aus seinem Lager. Verheiratet ist er mit der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katherina Reiche. Nicht zuletzt war es Schönbohm selbst, der den Parteikarrieristen lange Zeit gefördert hatte.
Genau wie ihr Vorturner sind auch Petkes Anhänger nicht zimperlich. Der Brandenburger CDU-Europaabgeordnete Christian Ehlers warf Ministerin Wanka parteischädigendes Verhalten vor. Noch deftigere Worte mußte sich der Vorsitzende der märkischen Jungen Union, Sebastian Schütze, anhören. Er wurde vom Bundestagsabgeordneten Jens Koeppen mit der Bemerkung bedacht: »Das ist ein Kameradenschwein.« Schütze hatte Wankas und Blechingers Empörung geteilt.
Mittlerweile hat Schoenland Petke und Nelte wegen Ausspähens von Daten und der Verletzung von Privatgeheimnissen angezeigt. Die Partei ihrerseits stellte wegen Verleumdung Strafantrag gegen Schoenland.