(BM 23.05.03) In das skrupellose Schleuser-Geschäft an der deutsch-polnischen Grenze waren
offenbar auch polnische Grenzschützer involviert. Sie gaben einer Bande von
Schleusern Tipps gegen Bares — 100 Euro pro Hinweis auf Kontrollfahrten.
Damit war der Weg nach Brandenburg frei.
Guben/Frankfurt (O.) — Jenseits der Oder haben Beamte des polnischen
Grenzschutzes offenbar seit längerer Zeit gemeinsame Sache mit einer kriminellen,
straff organisierten Schleuserbande gemacht. Wie die Staatsanwaltschaft in der
polnischen Grenzstadt Krosno (Crossen) gestern bestätigte, seien fünf
Tatverdächtige festgenommen worden. Sie sollen nach Angaben der polnischen
Strafverfolger mehr als 500 Ausländer über die Grenze zwischen Deutschland und Polen
gebracht haben. Das ist mehr als die Hälfte der Personen, die vom
Bundesgrenzschutzamt Frankfurt (O.) im vergangenen Jahr als “eingeschleust” geschnappt
wurden.
Begonnen hatten die Banden im Juli vergangenen Jahres. Vor allem im Winter
schafften sie bis zu 46 Personen (zumeist Chinesen, Vietnamesen und Ukrainer)
pro Tag nach Deutschland — zumeist an flachen Stellen der Neiße bei Guben
(Oder-Spree). Die entscheidenden Tipps sollen sie von zwei Männern in Diensten
der polnischen Grenzschutzbehörde bekommen haben. Gegen Zahlung von
Bestechungsgeldern (mindestens 100 Euro) hätten die Beamten Dienstpläne mit
Kontrollfahrten weitergegeben.
Auf Seiten des deutschen Bundesgrenzschutzes wollte man das Auffliegen der
Bande durch die polnischen Behörden gestern nicht bestätigen. Auch nicht die
Nachricht, dass polnische Grenzhüter in das Schleusergeschäft involviert
waren. Intern hieß es gestern nur, dass das “ein dicker Hund” wäre. Offiziell
wollte sich nur Matthias Krippstädt, Sprecher des Bundesgrenzschutzamtes
Frankfurt (O.), äußern. Und auch er bestätigte nur, dass “ab und zu bei uns ein
polnischer Kollege auf Streife mitfährt, umgekehrt auch mal ein deutscher bei den
Polen”.
Er ließ durchblicken, dass ein derartiger Fall von Korruption und Beihilfe
zu Straftaten “neu” wäre. Denn die Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen
habe sich sehr gut entwickelt. Gemeinsam sei es gelungen, die Zahl illegaler
Grenzübertritte seit 1996 “drastisch zu reduzieren”. Da waren es noch mehr
als 5000 — davon wurden 816 Personen eingeschleust. Im Jahr 2001 lag die Zahl
im Bereich des Frankfurter Amtes bei nur noch 1175 und im vergangen Jahr bei
1132. Was sich jedoch seit Mitte der 90er-Jahre kaum geändert hat, ist die
Zahl der festgenommenen eingeschleusten Personen.
Meist würden die ohnehin schon erschöpften Menschen unweit der Grenzbrücken
aufgegriffen, wo sie in das Wasser steigen und versuchen, mit letzter Kraft
das deutsche Ufer zu erreichen. Die Schleuser versuchten es vor allem im
Januar und Februar — eine besondere Tortur für die Flüchtlinge, die zumeist nur
spärlich bekleidet aufbrechen. Wer geschnappt wird, der wird vom BGS zurück
nach Polen gebracht. Viele versuchen es erneut. Mehrere tausend Euro nehmen die
Schleuser pro Person, und wenn ein illegaler Grenzübertritt fehlschlägt,
versuchen es die Flüchtlinge meist ohne Schleuser — bis es klappt.