Schönbohm will kritische Internetseite abschalten
Die Auseinandersetzung um die Internetdomain www.polizeibrandenburg.de wird nun auch die Gerichte beschäftigen.
Das brandenburgische Innenministerium hat inzwischen über eine Berliner Anwaltskanzlei beim Potsdamer Landgericht beantragt, die Volksinitiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte zur Übertragung der Domain an das Ministerium zu verpflichten.
Die Polizei, die im Internet unter www.polizei.brandenburg.de zu finden ist, macht durch das Innenministerium geltend, daß die Volksinitiative mit dem gewählten Domainnamen in das Namensrecht der Polizei eingreifen würde.
Wenn es um die Nutzung des Internet für parteipolitische Zwecke ging, war die brandenburgische CDU in der Vergangenheit durchaus nicht zimperlich. Im letzten Landtagswahlkampf sicherte der heutige Sprecher des Innenministers Heiko Homburg die Domains www.manfred-stolpe.de und www.regine-hildebrandt.de, um die Nutzer des Internet ausgerechnet auf die Homepage der CDU umzuleiten. Vor wenigen Monaten versuchte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, sich die Domain www.bundeskanzlerin.de zu verschaffen. Es liegt auf der Hand, daß diese Beispiele klare Versuche darstellen, Internetnutzerinnen gezielt zu täuschen und diese Täuschung für eigene Zwecke zu nutzen.
Gerade in der Werbung werden in großem Umfang Verwechslungen provoziert und falsche Eindrücke erweckt, um Aufmerksamkeit zu erregen und privatkommerzielle Interessen zu verfolgen. Würde jeder Verwechslungseffekt durch Gerichte und staatliche Stellen verfolgt werden, wären die Gerichte sicher noch stärker überlastet und die Werbung noch langweiliger.
Im Gegensatz zu führenden CDU-Politikern will sich die Volksinitiative weder eines Behördennamens noch persönlicher Namen Prominenter bedienen. Vielmehr bezeichnet der Domainname www.polizeibrandenburg.de einfach das, womit sich die Homepage tatsächlich und ausschließlich beschäftigt.
Jeder Nutzerin, die im Internet ins Blaue hinein Adressen ansteuert, ist klar, daß sie auch auf fremden Seiten landen kann. Wer es eilig hat und sichergehen will, nutzt eine Suchmaschine. Daß ausgerechnet das Innenministerium, das sich maßgeblich für Grundrechtseinschränkungen durch Videoüberwachung, Aufenthaltsverbote und den Todesschuß eingesetzt hat, nunmehr ein Bürgerrecht auf Internetnutzung ohne Irrtum konstruiert und dieses Konstrukt auch noch über das Interesse der Volksinitiative am Betrieb der Homepage stellt, ist absurd. Offenbar hat der Innenminister noch nicht akzeptiert, daß Volksinitiativen im Land Brandenburg Verfassungsrang haben und daß sich andererseits die Bevölkerung durchaus ohne Vormund den Weg durch das Internet erschließen kann.
Auch die Volksinitiative hat keinerlei Interesse, mit der Polizei verwechselt zu werden. Ein roter Link auf der schwarz-weiß gehaltenen Startseite genügt u.E. auch, um selbst die Unbeholfensten zielsicher zur Polizeiseite zu leiten.
Es ist offensichtlich, daß das Innenministerium mit der Klage nicht die Arbeitsfähigkeit der Polizei sicherstellen, sondern die Arbeit kritischer Gruppen behindern will. Von diesen Versuchen werden wir uns nicht einschüchtern lassen.
Mit der Klage gegen die Internetdomain geht der Innenminister nicht nur gegen die Volksinitiative vor, sondern greift die Unabhängigkeit und Informationsfreiheit der Medien an. Dies könnte schon bald die Märkische Allgemeine Zeitung zu spüren bekommen, die derzeit über www.landbrandenburg.de erreichbar ist.
Wegen dieser grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreites bitten wir Sie um eine angemessene Berichterstattung über die eingereichte Klage und den für den 16.01.02 anberaumten Gerichtstermin.
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