Schönbohm: Von den Straftaten des V‑Manns nichts gewusst
POTSDAM. Innenminister Jörg Schönbohm hat Vorwürfe aus Berliner Sicherheits- und Justizkreisen zurückgewiesen, dass der von der Berliner Polizei verhaftete 27-jährige V‑Mann S. aus Cottbus dem Brandenburger Verfassungsschutz „aus dem Ruder gelaufen” sein könnte. Gegen den V‑Mann habe das Brandenburger Landeskriminalamt selbst Ermittlungen geführt, sagte Schönbohm. Auch sei gegen S. seit März letzten Jahres ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren Verfahren in Cottbus wegen Propaganda-Straftaten anhängig. Schönbohm stellte klar, dass er von den begangenen Straftaten und der Rolle des V‑Mannes in der rechtsextremistischen Musik-Szene und den Ermittlungen des Brandenburger LKA und der Cottbuser Staatsanwaltschaft nichts gewusst habe. Die Ermittlungen sind nach seinen Angaben so geführt worden, dass der Erfolg der geplanten Aktion gegen einen international operierenden Ring neonazistischer CD-Musikhändler nicht gefährdet werden konnte. Die Hinweise an das LKA sind offenbar vom Verfassungsschutz gekommen. Man habe sich deshalb nichts vorzuwerfen, verlautete aus Brandenburgs Verfassungsschutz: Das Strafgesetzbuch sehe bei der Verfolgung von Propaganda-Straftaten Ausnahmeregelungen vor, wenn die Handlungen der staatsbürgerlichen Aufklärung und der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen dienten. Der Potsdamer Innen-Staatssekretär Eike Lancelle erklärte, nicht Schönbohm, sondern Berliner Behörden müssten sich Fragen gefallen lassen: Zum Beispiel, warum in Berlin ein Strafverfahren gegen S. eingeleitet worden sei, obwohl in Cottbus ein Verfahren seit März 2001 laufe. Dies sei den Berliner Ermittlungsbehörden bekannt gewesen, sagte Lancelle. Fragen müsse man auch zu den Indiskretionen aus Berliner Sicherheitsbehörden stellen. „Solche Lecks bei Themen dieser Sensibilität müssen die Berliner Führung alarmieren”, sagte Lancelle. Auch Innenminister Schönbohm blieb bei seiner Kritik am Verhalten der Berliner Behörden, die durch die Enttarnung des V‑Mannes die angelaufene Fahndung nach Hintermännern des neonazistischen CD-Handels massiv gefährdet hätten. Was Berlin gemacht habe, sei „unsäglich” und werde weitreichende Konsequenzen für die künftige Zusammenarbeit haben. Lancelle kündigte an, dass er die Parlamentarische Kontrollkommission kurzfristig über die Vorgänge informieren werde. Deren Vize-Vorsitzender Dierk Homeyer (CDU) warf den Berliner Sicherheitsbehörden vor, „sich wie Raubritter zu benehmen”. Er spielte damit auf die Durchsuchung der Wohnung des S. in Cottbus durch Berliner Sicherheitskräfte an, ohne dass Brandenburger Beamte anwesend waren. Bis heute lägen Brandenburgs Behörden nicht einmal die Vernehmungsprotokolle des S. vor.
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