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Schönbohm vor dem Ruhestand

(Berlin­er Zeitung) POTSDAM/COTTBUS. Die CDU in Bran­den­burg hat nach der von Parte­ichef Jörg Schön­bohm ent­facht­en Ost-West-Debat­te enorme Sym­pa­thie-Ein­brüche hin­nehmen müssen. Nur noch 21 Prozent der Bran­den­burg­er wollen bei den Bun­destagswahlen die Union wählen. Im Juni lag der Wert bei 33 Prozent. Damit rutscht die Schön­bohm-Partei von Platz eins in der Wäh­ler­gun­st auf Platz drei ab — hin­ter SPD und PDS. Die in den Partei­gremien bere­its geführte Diskus­sion um die Ablö­sung Schön­bohms erhält damit neue Nahrung. Matthias Platzecks Sozialdemokrat­en kön­nen dage­gen um acht auf 39 Prozent zule­gen — ein bun­desweit­er Spitzen­wert und ein erstaunlich klar­er Vor­sprung vor der Linkspartei.PDS: Die legte zwar um sechs Prozent zu, erre­icht aber nur 28 Prozent. Das ergab eine am Mittwochabend von Märkisch­er All­ge­mein­er und RBB veröf­fentlichte Infratest-Umfrage. 

Die desas­tröse Stim­mungsen­twick­lung trifft die Union in ein­er äußerst schwieri­gen Lage. Schön­bohm hat­te die “von der DDR erzwun­gene Pro­le­tarisierung” für eine zunehmende Ver­wahrlosung der Gesellschaft in Bran­den­burg ver­ant­wortlich gemacht. Zwar hat der 67-jährige Ex-Gen­er­al sich wieder­holt für die Wirkung sein­er Sätze entschuldigt. Doch eine CDU-Spitzen­poli­tik­erin sagte: “An der Basis und in der Wahrnehmung der Bevölkerung ist die Debat­te natür­lich gar nicht vorbei.” 

Das wurde auch beim Wahlkamp­fauf­takt am Dien­stagabend in Cot­tbus deut­lich. CDU-Lan­desvize Michael Schier­ack, der Parte­ichef von Cot­tbus, stand in der Menge, als sein Parte­ichef Jörg Schön­bohm zu den Men­schen sprach. “Ich habe ihn aber gar nicht ver­ste­hen kön­nen”, sagte Schier­ack. Die protestieren­den Men­schen macht­en so viel Lärm, dass Schön­bohm auf der Ver­anstal­tung sein­er eige­nen Partei nicht mehr durch­drang. Er wurde gnaden­los niedergep­fif­f­en. Während der Rede von Kan­zlerkan­di­datin Angela Merkel hiel­ten sich die Unmuts­bekun­dun­gen dage­gen im Rah­men. Schier­ack ist beun­ruhigt: “Wenn wir jet­zt eine Per­son­alde­bat­te führen, gibt es nur Unruhe in der Partei.” Aber er sagte auch: “Alles hängt vom Wahlergeb­nis am 18. Sep­tem­ber ab.” 

Eigentlich wollte der Bran­den­burg­er Lan­desver­band endlich das Image als bun­desweites Schlus­slicht der Union able­gen. Doch nun dro­ht sog­ar das von Schön­bohm noch Anfang der Woche aus­gerufene Wahlziel von min­destens 25 Prozent noch unter­boten zu wer­den. Bun­desweit liegt die Union in Umfra­gen bei 42 Prozent. 

Nach dem Wahlkamp­fauf­takt am Dien­stagabend disku­tieren viele Parteifre­unde nun bere­its, wann und auf welche Weise Schön­bohm den Parteivor­sitz abgeben wird. “Die Frage ist, ob er nur den Parteivor­sitz abgibt — oder auch das Amt des Innen­min­is­ters”, sagte ein CDU-Politiker. 

Intern wird bere­its über denkbare Schön­bohm-Nach­fol­ger spekuliert. Als möglich­er neuer Parte­ichef wird häu­fig der Wirtschaftsmin­is­ter und CDU-Vize Ulrich Jung­hanns genan­nt. Doch nie­mand glaubt, dass der 48-Jährige eigene Ambi­tio­nen auf den Posten hat. Vor allem die Jün­geren wie Gen­er­alsekretär Sven Petke oder Frak­tion­schef Thomas Lunacek mühen sich noch, Attack­en auf Schön­bohm abzuwehren. Für sie käme ein schneller Wech­sel an der Spitze zu früh. Vor allem aber spricht die nach wie vor dünne Per­son­aldecke der Union gegen rasche Verän­derun­gen. “Eine Partei braucht immer jeman­den, hin­ter dem sie sich ver­sam­meln kann”, sagt ein Stratege. “Und da gibt es nie­mand außer Schönbohm.” 

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass der CDU-Chef seine Sicht der Ost­deutschen deut­lich macht: “Ein großer Teil der Erfahrung aus der DDR ist für die Zukun­fts­gestal­tung nicht beson­ders geeignet”, hat­te Schön­bohm bere­its in einem Inter­view vor zwei Jahren gesagt.

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