(MAZ) KLEINMACHNOW Im Streit um die Rückübertragung von Grundstücken in der Kleinmachnower Sommerfeld-Siedlung könnte es morgen zu einer wichtigen Vorentscheidung kommen. Das Potsdamer Verwaltungsgericht wird ab 10 Uhr exemplarisch über einen wesentlichen Fall verhandeln. “Das Urteil könnte richtungweisend für die weiteren Verfahren sein, in denen es um einige hundert Grundstücke mit einem Verkehrswert von zusammen mindestens 45 Millionen Euro geht”, sagte Gerichtssprecher Jes Möller gestern zur MAZ.
Die Immobilie gehörte 1933 zum Betriebsvermögen der Gemeinnützigen Siedlungs-Gesellschaft Kleinmachnow und war nach der “Arisierung” dieser Gesellschaft an eine natürliche Person verkauft worden. Als Zeitpunkt der Arisierung ist vom Verwaltungsgericht bereits in früheren Verhandlungen zum Sommerfeld-Komplex der 21. April 1933 festgelegt worden. Seit diesem Tag, so hatte es ein Vorstandsmitglied des Unternehmens schriftlich dem Reichsfinanzministerium mitgeteilt, “befindet sich unsere Firmengruppe unter rein nationalsozialistischer Leitung”. Wenige Wochen zuvor, Ende März 1933, war der jüdische Haupteigner des Unternehmens, Adolf Sommerfeld, von SA-Leuten überfallen und in die Emigration gezwungen worden.
Sommerfelds Anteil an der Siedlungsgesellschaft betrug zum Zeitpunkt seiner Flucht knapp 80 Prozent. Das Unternehmen hatte bereits 1927 rund eine Million Quadratmeter Land in Kleinmachnow erworben, um Baugrundstücke einzurichten. Der Verkauf lief schleppend an. Der Großteil der Flächen südlich der Kleinmachnower Stammbahntrasse wurde erst nach der Arisierung veräußert. Auf dieses Land erhob Mitte der 90er Jahre die Jewish Claims Conference (JCC) im Namen der Sommerfeld-Erben einen globalen Rückübertragungsanspruch. Als die JCC damit zunächst keinen Erfolg hatte, trat sie den Anspruch kostenlos an den Berliner Geschäftsmann Christian Meyer ab, der den Fall seitdem durchficht.
Die Verhandlung am Verwaltungsgericht berührt morgen nicht nur die meisten fraglichen Grundstücke in der Sommerfeld-Siedlung. Das Urteil wird auch Klarheit darüber bringen, ob die Potsdamer Richter eine Klausel des Vermögensrechts, die sie bislang nicht anwenden wollten, inzwischen anders bewerten. Denn der Gesetzgeber hatte Rückgabeansprüche unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen, wenn das Grundstück einst von einer Siedlungsgesellschaft verkauft wurde. Genau dies liegt bei den meisten Sommerfeld-Grundstücken aber vor.
Wie auch immer das Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts lauten wird, die letzte Entscheidung wird wohl erst das übergeordnete Bundesverwaltungsgericht fällen. Auch Jes Möller geht davon aus, dass “der wohl größte noch anhängige vermögensrechtliche Streit in Deutschland” noch eine weitere Instanz erleben wird. Dass sie tendenziell gegen eine Rückgabe entscheiden würden, hatten die Bundesrichter bereits Ende vergangenen Jahres angedeutet. Ihr Grundsatzurteil wurde damals aber in letzter Minute durch einen Vergleich im anhängigen Fall verhindert.