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Schönbohms Fußfessel-Fantasien

(Marit­ta Tkalec) In Bran­den­burg ist Wahlkampf und in solchen Zeit­en ste­hen Poli­tik­er neben
sich. Dann reden sie Sachen, die nur im Zus­tand der Unzurechnungsfähigkeit
zu Stande kom­men kön­nen. Den jüng­sten Anfall von Wahlschwätz hat­te Jörg
Schön­bohm, CDU, als er glaubte, die Ein­führung der elek­tro­n­is­chen Fußfessel
für Schulschwänz­er ins Gespräch brin­gen zu müssen. Es sei davor gewarnt, die
Sache mit dem High­tech-Auf­pass­er ernst zu nehmen: Das Anle­gen eines Gerätes,
das über Satel­lit ermöglicht, jed­erzeit den Aufen­thalt­sort ein­er Per­son zu
bes­tim­men, ist eine die Frei­heit beschränk­ende Strafe, die nur Gerichte über
verurteilte Straftäter ver­hän­gen können. 

Der kon­troll­wütige bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter ver­wech­selt also sein
Bun­des­land mit der Region um die nord­ko­re­anis­che Haupt­stadt Pjöng­jang, wenn
er meint, die elek­tro­n­is­che Fußfes­sel kön­nte eine “vor­beu­gende wie
abschreck­ende Möglichkeit sein, die Gesellschaft vor extrem kriminellen
Schulschwänz­ern zu schützen”. Das geht frei nach dem Mot­to: Wenn Amerika
präven­tive Ord­nungskriege führt, kann Bran­den­burg seine jun­gen Rabauken erst
recht vor­beu­gend beu­gen. Lei­der ist es zu spät, Jörg Schön­bohm vorbeugend
zum zwangsweisen Studi­um des deutschen Grundge­set­zes zu verurteilen. Aber
dort kön­nte er im Artikel 104 unter anderem lesen, dass die Frei­heit der
Per­son nur auf Grund eines förm­lichen Geset­zes und nur unter Beach­tung der
darin vorgeschriebe­nen For­men beschränkt wer­den darf. 

Das Schön­bohm­sche Law-and-order-Gerede hat natür­lich im massenhaften
Schulschwänzen eine ern­sthafte Ursache. In Bran­den­burg nutzt etwa ein
Drit­tel der Drücke­berg­er die zusät­zliche Freizeit, um krumme Dinger zu
drehen. Diese tausend­fache Kleinkrim­i­nal­ität nervt den Bürg­er, der auf
diesem Umweg mit den Fol­gen der Schwänz­erei kon­fron­tiert ist. 

Warum aber lungern die Kinder und Jugendlichen als krim­inelles Potenzial
herum? Warum find­en sie die Schule abstoßend? Eben­so müsste man Eltern
fra­gen, warum sie nicht dafür sor­gen, dass ihre Kinder zur Schule gehen. Und
warum der Staat nicht dafür sorgt, dass Eltern dieser Pflicht nachkommen.
Sven Petke, ein ander­er bran­den­bur­gis­ch­er CDU-Poli­tik­er, hätte einen
Vorschlag: Bußgelder gegen Eltern von Schulschwänz­ern zu ver­hän­gen. Das ist
real­ität­snah, im Sinne des Geset­zes und bes­timmt wirk­sam. Aber unbequemer
als die virtuelle Fußfessel.

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