(MAZ) Amerika ist das Land der Freiheit. Doch Freiheit hat ihren Preis. Deswegen
ist Amerika zugleich auch das Land der Todesstrafe. “Dieser Staat war schon
immer hart im Nehmen. Aber härter noch im Austeilen”, heißt es folgerichtig
auch im neuesten Stück der Comédie Soleil. “Death Row Valley oder Gilmores
letzter Gang” passt insofern hervorragend zur derzeit verbreiteten
Anti-Amerika-Stimmung.
Auf der Bühne zwei große Käfige. Nicht für Tiere, für Menschen. Guantanamo
lässt grüßen. Damit jeder gleich weiß, in welchem Film er ist, hängt am
Gitter die Fahne der Vereinigten Staaten. In der linken Zelle lässt sich ein
Häftling die Hosen runter und sitzt auf dem Klo. Die rechte Gefängniszelle
ist leer. Zwei Polizisten führen einen weiteren Inhaftierten in seine Zelle
zurück. Wieder einmal ist die Hinrichtung des zweifachen Mörders Gilmore in
letzter Sekunde abgeblasen worden.
Wärter Jack findet das nicht gut. Schüttelt den Kopf. Nenad Zanic überzeugt
in der Rolle als Cop. Sieht mit Koteletten und Kinnbackenbart aus wie der
Polizist von den Village People (YMCA) und ist streng, aber gerecht. Wärter
Bill wird von Giorgio Vindini dagegen als sarkastischer Nazi gespielt, der
die Gefangenen am liebsten selbst umlegen würde: “Mörder sind Abschaum. Und
Abschaum spült man in den Gulli”, grinst er.
Zwei Menschen hat Gilmore umgebracht. Einen Tankwart und einen Motelmanager.
Warum, wird eigentlich den ganzen Abend nicht klar. Überhaupt nimmt man Marc
Marchand den brutalen Schwerverbrecher nicht ab. Er ist weder kalt noch irr.
Will zwar endlich die Strafe, die er verdient. Ist aber nicht verzweifelt
oder lebensmüde, weil das Todesurteil ein ums andere mal aufgeschoben wird.
Ein paar mal wird er am Abend abgeführt und wieder zurück in die Zelle
gebracht. Licht aus, Licht an. Selbstmordversuch. Misslingt. Zweimal.
Dazwischen träge Dialoge und Sätze wie: “Weißt du wie es ist, einen Menschen
zu töten? Es ist nicht schön. Es ist grauenhaft.” Draußen vor dem Todestrakt
demonstrieren Menschen dagegen, dass seit zehn Jahren in Utah erstmals
wieder ein Todesurteil vollstreckt wird, andere melden sich freiwillig, um
die Hinrichtung auszuführen. Drinnen gibt der zweite Häftling (Sebastian
Wirnitzer) den debilen Affen. So sehen Vergewaltiger also aus! Am Ende wird
Gilmore dann doch noch umgebracht und alles hört so auf, wie es begonnen
hat. Zäh.
Die von Michael Klemm geschriebene Vorlage wirkt über weite Passagen ein
wenig unmotiviert, die behäbigen Schauspieler geraten einfach nicht ins
Spielen. Mit einem Gefängnis-Stück hat sich das Hinterhoftheater das Leben
allerdings auch selbst schwer gemacht. Dabei hätten sie doch alle
Freiheiten. Man ist hier ja nicht in den USA.
Death Row Valley oder Gilmores letzter Gang. Comédie Soleil, Feuerbachstr.
3, nächste Vorstellungen 10. bis 13. und 17. bis 20. März jeweils 20 Uhr.