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Schüler auf jüdischen Spuren

BRANDENBURG Es war eine stolze Reak­tion auf ein ver­brecherisches Gesetz. Als
die Nation­al­sozial­is­ten in den Rassege­set­zen von 1935 Juden die Benutzung
öffentlich­er Badeanstal­ten ver­boten, ließ die jüdisch-brandenburgische
Hut­mach­er-Fam­i­lie Sil­ber­mann sich kurz­er­hand ein eigenes Schwimm­bad bauen,
in dem ihre Kinder ungestört — und legal — plan­schen kon­nten. Lokale
Begeben­heit­en wie diese haben fünf Schüler der Gesamtschule Gör­den zwei
Jahre lang gesam­melt und in einem far­bigen Band mit dem Arbeit­sti­tel “Juden
in Bran­den­burg” zusam­mengestellt. Das bis­lang lediglich in Probeexemplaren -
müh­sam auf Far­bkopier­ern — gedruck­te Werk ist in der Geschichtsschreibung
der Stadt ohne Beispiel. 

“Eine solche Doku­men­ta­tion ist ein Aushängeschild für die Stadt”, lobt
Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg die Schüler. Zusam­men mit seinen
Fre­un­den vom Rotary-Club will Raut­en­berg das Werk zur Druck­reife bringen.
Die Auflage soll so hoch sein, dass nicht nur die Bran­den­burg­er Schulen mit
dem Mate­r­i­al arbeit­en, son­dern auch inter­essierte Bürg­er Exem­plare erwerben
kön­nen. Die Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung hat schon För­der­mit­tel in
Aus­sicht gestellt. “Der Band wird wegge­hen wie warme Sem­meln”, prophezeit
Lan­deszen­tralen-Lei­t­erin Mar­ti­na Weyrauch. Wer das mit vie­len historischen
Ansicht­en und Porträts aufgemachte Buch auf­schlägt, legt es nicht mehr aus
der Hand. Die ganze ver­sunkene Welt des Bran­den­burg­er Juden­tums erste­ht auf
den Seit­en neu. Und es gibt ordentlich etwas zu sehen. So haben die Autoren
auf alten Ansicht­skarten jüdis­che Geschäfte markiert, Briefe und
Amtss­chreiben sind in Fak­sim­i­les abge­druckt. So belegt etwa eine Namensliste
des Von-Saldern-Gym­na­si­ums, dass 1890 rund 20 jüdis­che Schüler die Anstalt
besucht­en. 1938 war es ger­ade noch ein­er, 1939 war die Saldria “juden­frei”,
wie sich die Faschis­ten brüsteten. 

Zwei Nach­mit­tage in der Woche haben die Schüler ihrem Großpro­jekt geopfert -
rund 500 Stun­den im Ganzen, rech­net Lehrerin Renate Kühn vor. Bei ihren
Recherchen und Inter­views haben sich die Schüler großen Respekt bei der
jüdis­chen Gemeinde erwor­ben. “Vor zwei Jahren hat man uns zum Chanukka-Fest
ein­ge­laden — das war eine große Ehre”, sagt die 16-jährige Katha­ri­na Koppe.
Die Elftk­läss­lerin und ihr Mitschüler Christoph Windis­chmann, der die Seiten
zum jüdis­chen Fried­hof beis­teuerte, sind nun mit dem Pro­jekt allein — drei
andere Schüler sind bere­its ins Beruf­sleben ges­tartet. Inhaltlich beschränkt
sich die Arbeit keineswegs auf die Hitler-Jahre — einen moral­isieren­den Ton
ver­mei­den die jun­gen Autoren sehr zum Vorteil ihres Werks. Der Band beginnt
bei den Anfän­gen jüdis­chen Lebens im 14. Jahrhun­dert und endet in der
Gegen­wart. Die Schüler haben jüdis­che Aussiedler in Hohen­stück­en besucht und
deren Erleb­nisse in han­dliche Kurzbi­ografien gepackt. 

Zum 30. Jubiläum des Schul­stan­dorts auf dem Gör­den am 1. Sep­tem­ber sollen
die druck­reifen Bände vorliegen.

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