(MOZ, Ingolf Bunge) Fürstenwalde (MOZ) Eine zerstörte Jungen-Toilette und das Bekennerschreiben
einer “Kommandogruppe Verlorene Jungs” mit dem Aufruf zur Gewalt haben am
städtischen Gymnasium in Fürstenwalde für große Unruhe gesorgt. Nach
Hinweisen von Schülern ist die Polizei bei einem 17-Jährigen aus der Region
Bad Saarow angerückt und hat dessen Computer sichergestellt. Der Jugendliche
hat die Tat zugegeben.
Am Städischen Gymnasium Werner Seelenbinder herrscht Unruhe und
Verunsicherung. Wer Schüler nach der zerstörten Toilette und der
“Kommandogruppe” fragt, erhält unisono die Antwort: “Da müssen Sie sich an
die Schulleitung wenden.” Die Chronologie des Falles:
Am 24. November erfährt Schulleiterin Sabine Jentzsch von erheblichen
Vandalismus-Schäden (Höhe: 400 Euro)
Am folgenden Morgen versammelt sie die 588 Schüler zu Unterrichtsbeginn auf
dem Schulhof, weist auf die Zerstörungen hin: “Das ist nicht hinzunehmen”,
signalisiert aber Gesprächsbereitschaft: “Es wäre gut, wenn sich einige
bekennen. Wir suchen nach Wegen, das wieder in Ordnung zu bringen.” Am 29.
November taucht ein Flugblatt mit der Überschrift “Anonymes
Bekennerschreiben” an der Schule auf. Darin bekennt sich die “Kommandogruppe
Verlorene Jungs” auch dazu, im nahen Scholl-Gymnasium eine Urkunde vom
Wettbewerb aktive Schule gestohlen zu haben. Begründung: “Wir lehnen den
kapitalistischen Staat und auch das Schulsystem ab. Wir akzeptieren nicht,
dass Zahlen auf einem Blatt Papier am Jahresende über unsere Zukunft
entscheiden.” Erste Forderung an die Schulleitung: Wenn Lehrer fehlen,
sollen sie sich bei jedem Schüler die Unterschrift auf einem
Entschuldigungszettel abholen müssen.
Am Dienstag, dem 30. November, rückt die Polizei bei einem unauffälligen
Schüler (17) in der Region Bad Saarow an und stellt dessen Computer sicher.
“Wir haben ihn wegen des Verdachts der Sachbeschädigung und wegen des
Aufrufs zu Straftaten vernommen”, sagt Polizeisprecher Detlef Lüben auf
Anfrage. “Wir prüfen gegenwärtig die Computerdateien, weil es angeblich eine
schwarze Liste mit Schüler- und Lehrernamen geben soll.” Das allerdings
bestreite der 17-Jährige — wie auch die Existenz der “Kommandogruppe”.
Polizisten wiesen den Jugendlichen eindringlich darauf hin, dass er nicht
mehr den Schutz der Anonymität habe und darauf, dass auch der Aufruf zu
Straftaten eine Straftat sei.
“Ihr könnt so lange Schuleigentum zerstören, bis die Lehrerschaft
kompromissbereit ist”, heißt es in dem Flugblatt. “So was kann ich nicht
hinnehmen”, sagt Sabine Jentzsch. “Das hat Wellen geschlagen, weil es
starker Tobak ist — egal wie es gemeint war.” Auch wenn es um Schulkritik
gehe — dazu gehöre der Mut, diese auszusprechen. Die konkreten Probleme
gelte es noch zu hinterfragen.
Angesprochen von der MOZ wollte sich gestern kein Schüler zu dem Thema
äußern. Lediglich ein Informant sagt, dass Lehrer die Situation
verharmlosten und auch den Gebrauch von Drogen nicht sehen wollten. “Wir
hatten noch keine Auffälligkeiten, so dass wir eingreifen mussten”, betont
die Schulleiterin. Aber sie könne auch nicht sagen, dass es keine Drogen an
dem Gymnasium gebe.