Mädchen und Jungen der Klasse 9a der Polthier-Gesamtschule in Wittstock haben sich dieser Tage mit einem Brief (siehe rechts) beim KZ-Überlebenden Pavel Stransky entschuldigt. Der 83-jährige Tscheche war vor einem Monat bei einem Zeitzeugengespräch der 9. Klassen von einem Eindringling aus der 7. Klasse mit den Worten: “Ist das der Jude?“angepöbelt worden (MAZ berichtete). Eine Schülerin aus einer 9. Klasse hatte zudem Stranskys Vortrag durch Zwischenrufe gestört und war des Raumes verwiesen worden. Das Mädchen hatte sich schriftlich bei dem KZ-Überlebenden entschuldigt und damit war für sie der Fall abgeschlossen.
Den 14-Jährigen indes traf die volle Härte des Schulgesetzes. Zunächst wurde er von einer Lehrerin bei der Polizei angezeigt. Dann tagte die Klassenkonferenz, in der alle diese Klasse unterrichtenden Lehrer, je zwei Sprecher von Schülern und Eltern sowie der Junge und seine Eltern anwesend waren. Dem 14-Jährigen wurde ein Verweis vor der Klassenkonferenz ausgesprochen. Weil dies offenbar nicht fruchtete, ist er später wegen anderer Delikte für fünf Tage aus der Schule verwiesen worden.
Indes setzten sich Mädchen und Jungen der Klasse 9a in einem Projekt mit dem Konzentrationslager Sachsenhausen auseinander. Es fand vom 13. bis 17. Dezember in der Jugendbildungsstätte des DGB in Flecken Zechlin statt. “Dieses Thema interessierte uns sehr, und wir wollten mehr darüber erfahren, nachdem wir vor kurzem in der Schule Herrn Stransky, einen ehemaligen Häftling des KZ Theresienstadt, gehört hatten”, schrieben die Schüler jetzt an die MAZ. Er habe alle sehr beeindruckt, “und an dieser Stelle möchten wir betonen, dass die Störenfriede dieser Veranstaltung nicht aus unserer Klasse kamen. Im Gegenteil, wir waren über das Verhalten von zwei Schülern aus anderen Klassen empört.” In Flecken Zechlin hätten die Betreuer viel darüber berichtet, was Deutsche den Juden und anderen unschuldigen Menschen Schreckliches antaten. Da habe es sich jeder viel besser bildlich vorstellen können, als wenn es immer nur im Unterricht erzählt wird.
Die Schüler fuhren auch ins ehemalige KZ Sachsenhausen. Dort wurden Informationen für ein Plakat und die Projektzeitung, gesammelt, die mittlerweile fertig gestellt worden ist. “Wir waren sehr erschüttert über die Bilder, Fotos und Plakate, die das grauenhafte Lagerleben zeigten”, berichteten die Neuntklässler.
Sie seien immer stiller und nachdenklicher geworden, obwohl sie eigentlich schon vieles über KZ wussten.
Zurück in der Jugendbildungsstätte wurden die Eindrücke ausgewertet und der Brief an Pavel Stransky verfasst. In dieser Woche in Flecken Zechlin lernten die Mädchen und Jungen auch, wie sie der MAZ schrieben, “dass miteinander Reden die beste Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben ist”.