OBERHAVEL Bei der Befreiung der weißrussischen Geisel in Zehdenick am Montagabend (MAZ berichtete) hat das Berliner Spezialeinsatzkommando (SEK) zunächst eine falsche Wohnung gestürmt. Auch in Oranienburg drang das Spezialeinsatzkommando Zehdenick im Zuge der weiteren Ermittlungen am Mittwoch zunächst in ein falsches Einfamilienhaus ein. Der weißrussische Geschäftsmann war am 15. Januar von zwei Ukrainern nach Oranienburg und später nach Zehdenick verschleppt worden.
“Ich bin froh, dass alles vorbei und die Tat aufgeklärt ist”, sagte gestern der Sohn der betroffenen Familie aus Zehdenick-Süd. Er schilderte die schlimmen Ereignisse so: Montagabend um 20.45 Uhr krachte es plötzlich an der Eingangstür der Neubauwohnung. Schwerbewaffnete Männer hatten die Tür eingetreten, die Familie zu Boden geworfen und gefesselt. “Als sie merkten, dass hier kein bewaffneter Täter und kein Opfer ist, haben sie uns die Fesseln gleich abgenommen.” Dann hätten die Beamten knapp erklärt, warum sie so eingedrungen sind. Dabei sei es auch um ein Handy gegangen, das die Mutter einem Bekannten zu Weihnachten geschenkt hat. Der habe irgendwann mit den Tätern telefoniert. Die Beamten ermittelten daraufhin ihre Wohnanschrift, weil der Handyvertrag weiterhin auf den Namen der Mutter lautet.
Zwei Stunden lang wurden sie verhört, obwohl längst klar war, dass sich weder Entführer noch Opfer jemals in dieser Wohnung aufgehalten hatten. Diese waren laut Pressemeldung des Berliner Polizeipräsidiums bereits um 21 Uhr, also 15 Minuten nach dem fälschlichen Eindringen in die Zehdenicker Wohnung, gefasst worden. Tatort soll eine Scheune in Zehdenick gewesen sein. Hier war die Geisel unblutig befreit und der bewaffnete Bewacher festgenommen worden.
Es habe mehrere Verdachtsmomente gegen Personen gegeben, die alle “Angriffsmaßnahmen” des SEK rechtfertigten, sagte Christine Rother von der Pressestelle des Berliner Polizeipräsidiums. Da es sich bei der Entführung um einen Fall von Schwerstkriminalität handle, sei das geschilderte Vorgehen üblich. Hier könne nicht friedlich angeklopft oder geklingelt werden. Zumal davon auszugehen war, dass die Entführer bewaffnet sind und das Leben der Geisel in Gefahr ist. Zu den Verdachtsmomenten wollte die Präsidiumssprecherin nichts sagen, weil noch auf Hochtouren ermittelt werde.
Christine Rother zufolge gebe es keinen Grund, sich bei den betroffenen Familien für das polizeiliche Vorgehen zu entschuldigen. Alles sei im gesetzlichen Rahmen abgelaufen. Für die Schäden, so etwa an den Eingangstüren, komme das Land Berlin auf.