Potsdam - Etwa 5000 Bürger aus Potsdam und der Umgebung wären ideal, erklärte Jörg Fischer auf der gestrigen Pressekonferenz zu den geplanten Aktionen gegen die angemeldete Neonazi-Demonstration am 30. Oktober in Potsdam. 5000 Bürger die sich an diesem Tag spätestens um 10 Uhr vor dem Hauptbahnhof versammeln, die Wege versperren und mit dieser Form des gewaltfreien „zivilen Ungehorsams“ den geplanten Marsch der Rechtsradikalen in die Stadt verhindern könnten. Denn wenn die Polizei feststellen muss, dass die Demonstration unter diesen Umständen nicht durchzuführen sei, erklärte Fischer, dann müsste sie den Aufmarsch beenden, ohne das „die Nazis auch nur einen Zentimeter vorangekommen“ seien.
Unter dem Motto „Potsdam bekennt Farbe! Gemeinsam für Toleranz, Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander“ hatte das Potsdamer Aktionsbündnis, bestehend aus verschiedenen Vereinen und der Stadt, zum gewaltfreien Protestmarsch aufgerufen. Am 30. Oktober, um 12.30 Uhr, soll der Demonstrationszug am Platz der Einheit starten und teilweise die Strecke des Neonaziaufmarsches, die auch am ehemaligen Standort der Garnisonkirche vorbei führen soll, nachgehen. Sozialbeigeordnete Elona Müller betonte, dass dieser Protest vor allem gewaltfrei bleiben müsse. Denn Randale würde nur den Nazis nützen. Diese Befürchtung konnte Jörg Fischer bestätigen.
Fischer, der seit seinem 13. Lebensjahr in der rechten Szene unter anderem als Mitbegründer der DVU und Führungskader der NPD aktiv war und seit seinem Ausstieg vor neun Jahren Aufklärung über die Strukturen der rechten Szene betreibt, erklärte, dass dies eines der Ziele der Demonstration sei. Von dem bekannten Neonazi Christian Worch angemeldet, soll hier unter dem Motto „Gegen Hetze und Terror von Links“ provoziert werden. Nach dem Motto „Kampf um die Straße“ werden von Worch bewusst Städte oder Stadtteile ausgesucht, die unter anderem stark von einer linken Kultur geprägt sind. Ein selbstbewusst-arrogantes Auftreten, dass der eigenen Szene als Erfolgserlebnis dienen und bei den Anwohnern durch regelmäßige Wiederholung eine Art „Gewöhnungseffekt“ erreichen solle.
Kritik an der geplanten Demonstration „Potsdam bekennt Farbe“ übten vor allem Vertreter des Arbeitskreises Antifa Potsdam. Sie nannten diesen einen „zahnlosen Protest“ und ein „buntes Begleitprogramm“, da hier keine direkten Aktionen gegen die marschierenden Nazis zu erwarten seien.
Darauf angesprochen erklärte Jörg Fischer, dass er zwar nicht für die Stadt Potsdam antworten könne, Gegendemonstrationen in Berlin und Köln aber gezeigt hätten, dass mit „zivilem Ungehorsam“, dem spontanen Besetzen von Plätzen und Straßen, gewaltfrei Naziaufmärsche verhindert werden konnten. Seinen Vorschlag für Potsdam bezeichnete auch Elona Müller als „faszinierend“, betonte aber, dass es sich hier um ihre „persönliche“ Meinung handle.
Lutz Boede von der Fraktion die Andere äußerte ebenfalls Kritik. Das einige der anwesenden Vereine dieses interne Gespräch als „Kummerkasten“ hinsichtlich fehlender finanzieller Unterstützung und „Werbung in eigener Sache“ missbrauchten, befremdete ihn sehr. Gegenüber den PNN äußerte Boede Befürchtungen, dass der ausgeprägte Hang der verschiedenen, nicht im Aktionsbündnis „Potsdam bekennt Farbe“ eingetretenen Vereine zu Einzelaktionen die geplanten Protestaktionen am 30. Oktober wirkungslos machen könnten.