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Sich fügen heißt lügen

(MAZ, 12.07., Den­nis Stiel­er) Grün und Schwarz waren am Sonnabend­nach­mit­tag für zwei Stun­den die bes­tim­menden Far­ben in Oranien­burg. Das Schwarz klei­dete die meis­ten der
Autonomen und Antifaschis­ten, die demon­stri­erend durch die Stadt zogen, das Grün die Polizis­ten, die diesen Zug begleit­eten. Die Demon­stra­tion stand im Zeichen des Gedenkens an Erich Müh­sam. Der anar­chis­tis­che Schrift­steller war am Sonnabend vor 70 Jahren im Konzen­tra­tionslager Oranien­burg von SS-Leuten ermordet worden. 

“Sich fügen heißt lügen”, mit dieser Zeile des Dichters als Mot­to zogen rund 160 Demon­stran­ten vom Bahn­hof bis in die Nähe der Stelle, an der Müh­sam 1934 erhängt gefun­den wor­den war. Organ­isiert wurde die Demo von der
“Antifaschis­tis­chen Gruppe Oranien­burg”. Deren Mit­glieder nutzten die Gele­gen­heit, um auf die gegen­wär­ti­gen Aktiv­itäten rechter Kräfte in Oranien­burg hinzuweisen. So sei die Jugend­kul­tur in der Stadt von Rechten
dominiert und rechte Organ­i­sa­tio­nen wie der “Märkische Heimatschutz” wür­den immer offen­er agieren. Die Demo-Organ­isatoren kri­tisierten aber auch die Stadt Oranien­burg, die es erlaubt habe, dass an der Stelle, an der Erich Müh­sam starb, ein Super­markt errichtet wurde. 

Begleit­et wurde die Kundge­bung von ein­er großen Zahl von Polizis­ten. Die Ein­satzkräfte kamen aus Pots­dam und vor allem aus Berlin. Von dort hat­te man die Beamten rekru­tiert, die Erfahrun­gen mit den Demon­stra­tio­nen und Auss­chre­itun­gen am 1. Mai haben. Dieses Know-how allerd­ings braucht­en die
Polizis­ten kaum. Denn in Oranien­burg blieb am Sonnabend, ganz im Sinne des Paz­i­fis­ten Erich Müh­sam, alles friedlich. 

Doch nicht nur die autonomen Antifaschis­ten gedacht­en des ermorde­ten Dichters. Auf ein­er Festver­anstal­tung in der Gedenkstätte Sach­sen­hausen sprach Wolf­gang Kröske, bekan­nter unter seinem Pseu­do­nym “Dr. Selt­sam”, über die Gründe, aus denen die SS Müh­sam has­ste. Kröske ist Mit­glied der
Müh­sam-Gesellschaft und ini­ti­ierte die alljährlichen Lesun­gen an Müh­sams Grab in Berlin-Dahlem. 

Die His­torik­erin Christl Wick­ert, Mitar­bei­t­erin der Gedenkstätte KZ Neuengamme, referierte über die Rolle der SS in den Konzen­tra­tionslagern Oranien­burg und Sach­sen­hausen. Und Ger­hard Leo, während des Krieges Wider­stand­skämpfer in Frankre­ich, beein­druck­te die Gäste mit der Erzählung
von seinen dama­li­gen Erlebnissen. 

Und es gab viel Musik. Die Ver­anstal­tung in Sach­sen­hausen begleit­ete die Paris­er Sän­gerin Corinne Douarre, sie sang eigene Lieder und ver­tonte Müh­sam-Texte. Im Regine-Hilde­brandt-Haus gaben Isabel Neuen­feldt und der
Magde­burg­er Sänger Gre­gor Hause Müh­sam-Lieder zum Besten. Dr. Selt­sam las Pas­sagen aus “Der Lei­densweg der Zen­zl Müh­sam”, der Tag endete mit ein­er Filmvorführung.

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