Familie Bayer darf in Neuruppin bleiben / Kreis wird Urteil nicht anfechten
(MAZ, 13.7., Andreas Vogel) Ellas Augen strahlen vor Freude. “Ich möchte allen danken, die uns geholfen haben.” Die Mutter von Natalie und Alexandra Bayer ist gestern Mittag wie ihre zwei Töchter zur Reifenfirma von Uwe Wildt nach Bechlin gekommen.
Dort, auf der Arbeitsstelle ihres Mannes, hatte im September der Protest gegen die drohende Abschiebung der aus Kasachstan stammenden Familie begonnen. Dort wurden die ersten der inzwischen weit mehr als 5000 Unterschriften gesammelt, dort versuchte gestern auch Jörg von Freymann, der Anwalt der Familie, alle Fragen zu beantworten. Ja, die Familie erhalte ihre Ausweise zurück; nein, sie brauche keine Erlaubnis von der Ausländerbehörde mehr, bevor sie den Kreis verlassen darf. Möglich macht das das Urteil des
Oberverwaltungsgerichtes, das die Familie zu “Status-Deutschen” erklärt hat und nicht als Ausländer sieht (die MAZ berichtete).
“Auch mit der Arbeitserlaubnis wird es jetzt leichter”, ist von Freymann überzeugt. Uwe Wildt hört das gern. Der Firmenchef hat den Kfz-Mechaniker Ivan Bayer wegen seines freundlichen Auftretens und seiner zuverlässigen
Arbeit längst zu seiner rechten Hand im Betrieb gemacht — trotz des bürokratischen Mehraufwandes. Das ist wohl auch mit ein Verdienst von Rosswieta Funk, die seit vier Jahren mit Familie Bayer befreundet ist. Die Neuruppiner CDU-Frau hat ihre Parteifreunde Schönbohm und Petke in Potsdam
mit dem Fall konfrontiert, gemeinsam mit dem Schinkelgymnasium — Natalie besucht dort ab August die 11., Alexandra die 9. Klasse — eine Demo zum Kreistag organisiert und Landrat Christian Gilde (SPD) wieder und immer
wieder aufgefordert, bei seiner Entscheidung nicht allein die Paragrafen, sondern auch die Menschen zu sehen. Der Kreis hat jedoch stets auf das Bundesverwaltungsamt verwiesen, das der Familie Bayer den Status als
Spätaussiedler entzogen hat. Dagegen klagt die Familie. Mit einem ersten Verhandlungstermin rechnet von Freymann in “vielleicht zwei, drei Jahren”, mit einem Urteil erst in fünf Jahren. Bis dahin dürfen Ella und Ivan,
Natalie und Alexandra Bayer nicht abgeschoben werden. Und selbst wenn das Gericht sie wieder zu Ausländern erklären würde, könnte die Familie dagegen Widerspruch einlegen.
“Vielleicht gibt es bis dahin schon ein anderes Ausländerrecht”, sagt Christian Gilde. Der Landrat findet die Entscheidung des Gerichts gut — Familie Bayer hat er das aber noch nicht gesagt.