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Sie haben uns erobert”

POTSDAM Die Äußerung des Klein­mach­now­er CDU-Gemein­de­v­ertreters Fred Weigert,
wonach der 8. Mai ein Tag der Eroberung sei, hat zu mas­siv­en Protesten
geführt. Weigert hat­te kür­zlich in einem Brief geschrieben: “Stal­ins rote
Hor­den haben uns vom Faschis­mus befre­it. Weiß Gott nicht! Niedergeknüppelt,
geschun­den und jahrzehn­te­lang aus­ge­beutet haben sie uns. Sie haben uns nicht
befre­it, son­dern erobert.” 

Hin­ter­grund des Stre­its ist die geplante Ein­rich­tung ein­er Gedenkstätte, die
an ein ehe­ma­liges KZ-Außen­lager erin­nern soll. In diesem Zusam­men­hang hatte
Weigert einen Brief mit den umstrit­te­nen Pas­sagen an Axel Mueller
geschrieben. Bei­de Män­ner sind im Heimatvere­in Klein­mach­now aktiv. Der
bünd­nis­grüne Mueller war daraufhin an die Öffentlichkeit gegangen. 

Sowohl SPD als auch PDS und Grüne war­fen der Union mit Blick auf das
Kriegsende vor 60 Jahren ein verz­er­rtes Geschichts­bild vor. Die CDU verwies
darauf, dass die Auseinan­der­set­zung über das The­ma vor Ort geführt werden
müsse. Es sei “abstoßend”, dass ein pri­vater Briefwech­sel in der
Öffentlichkeit disku­tiert werde. Laut CDU-Gen­er­alsekretär Sven Petke sei
Weigert ein “untadeliger und hon­origer Demokrat”. Inhaltlich stellte er sich
zum Teil hin­ter Weigert: “Das Kriegsende war die Befreiung vom
ver­brecherichen NS-Regime — aber gle­ichzeit­ig auch der Beginn eines
stal­in­is­tis­chen Unter­drück­ungsregimes in Ost€pa und Teilen Deutschlands.” 

Es sei auf­fäl­lig, dass immer wieder aus den Rei­hen der märkischen CDU solche
geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen Forderun­gen kämen, kritisierte
SPD-Lan­des­geschäfts­führer Klaus Ness. “Auch ein soft­er Revi­sion­is­mus ist
Revi­sion­imus.” Damit wür­den sich einige aus der CDU in der Tra­di­tion von
Ernst Nolte bewe­gen, der Anfang der 80er Jahre den Historikerstreit
aus­gelöst hat­te, als er die Sin­gu­lar­ität von Auschwitz angezweifelt hatte.
Ness betonte, dass der 8. Mai ein Tag der Befreiung sei, weil er den Aufbau
der Demokratie in Deutsch­land ermöglicht habe. 

“Mit dem Geschicht­sre­vi­sion­is­mus rechter CDUler darf man sich nicht
abfind­en”, forderte auch der PDS-Lan­desvor­sitzende Thomas Nord. Es dürfe
nicht zuge­lassen wer­den, dass immer wieder der Ver­such unter­nom­men wird, mit
der Nachkriegs­geschichte die Ver­brechen des Faschis­mus zu rel­a­tivieren, so
Nord. Dies sei eine der Quellen für den aktuellen Recht­sex­trem­is­mus im Land.
Laut Grü­nen-Chef Joachim Gessinger kennze­ichne es den historischen
Revi­sion­is­mus, den Faschis­mus dadurch rel­a­tivieren zu wollen, “dass man
Opfer ander­er Unrecht­sregime dage­gen aufrech­net”. Petke wie Weigert vereine
“die Unfähigkeit, den Unter­schied zwis­chen poli­tis­chem Kon­ser­vatismus und
geschichtsvergessen­em Ver­balrabauken­tum zu erkennen”. 

Auch in Berlin gibt es erbit­terten Stre­it um den 8. Mai. Die CDU
Steglitz-Zehlen­dorf hat­te einen Gedenk­text ver­ab­schiedet, wonach der 8. Mai
1945 neben der Befreiung vom Nazi-Sys­tem auch für das Leid der Bevölkerung
ste­he, das die Rote Armee zu ver­ant­worten hat. Dies war auf heftige Kritik
von Jüdis­ch­er Gemeinde, der SPD, der Grü­nen und der PDS gestoßen.

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