Marquardt — Nun muss offenbar sogar ein Zeuge aus Spanien nach Potsdam kommen, damit das Verfahren um den Überfall auf eine Hochzeitsgesellschaft in Marquardt gerichtlich aufgeklärt werden kann. Damit dürfte sich das Verfahren am Potsdamer Amtsgericht weiter verzögern – ursprünglich waren drei Verhandlungstage angesetzt, gestern war bereits der fünfte. Allerdings scheint die Verurteilung von drei der sechs Angeklagten nach der gestrigen Aussage eines Zeugen als wahrscheinlicher. Die jungen Männer zwischen 24 und 35 Jahren müssen sich wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung verantworten.
Der 36-jährige Zeuge Steffen M.–R. erzählte noch einmal den Tatverlauf aus seiner Sicht. Danach habe er zunächst mit dem Hochzeitspaar aus Berlin und seinen Gästen am Schloss Marquardt gefeiert, in der Nähe eines Dorffestes. Lange nach Mitternacht seien dann vier Personen gekommen, die „Deutschland, Deutschland, über alles“ gegröhlt hätten. Diese hätten Streit gesucht und einzelne Gäste provoziert – er habe sofort ein schlechtes Gefühl gehabt und die Polizei gerufen. Nachdem Abzug der Truppe seien kurz darauf eine Gruppe von rund 15 bis 20 Personen gekommen, aus der heraus wiederum Schlägereien angezettelt wurden, so Steffen M.-R. „Da waren Männer dabei, die ’Eins gegen Eins’ kämpfen wollten – und wir wussten nicht einmal, warum wir angegriffen werden.“ Erkannt habe er Maik W., René B. und Holger W. – sie waren auch schon, zusammen mit dem Angeklagten Thomas S., von anderen Zeugen erkannt worden. Einzig ein Bruderpaar ist bisher nur wenig belastet worden. Mögliche Entlastungszeugen für die vier schwerer belasteten Angeklagten hatten sich im September in Widersprüche verstrickt.
Der Angriff hatte in der Nacht zum 2. Juli vergangenen Jahres stattgefunden. Er löste auch überregional Bestürzung aus, weil von einem rechtsextrem motivierten Angriff ausgegangen wurde. So sagten schon mehrere Zeugen aus, dass die Täter lautstark gefordert hätten, „die Fremden“ sollten aus ihrem Dorf verschwinden.
Zu diesem Wortlaut wurde Zeuge Steffen M.-R. gestern allerdings nicht befragt. Jedoch konnte er sich bei den Angeklagten besonders an Maik W. und René B. erinnern: Beide sollen schon beim ersten Teil des Übergriffs anwesend gewesen sein. Auf die Nachfrage der Anwältin von René B., ob Steffen M.-R. auch sah, dass ihr Mandant bei den Angriffen tatsächlich geschlagen habe, sagte der Zeuge aus Berlin schlicht: „Ich habe auf jeden Fall mitbekommen, dass er uns nicht geholfen hat.“
Als nächster Verhandlungstag ist der 9. November angesetzt. Dann soll noch ein Zeuge aus der Hochzeitsgesellschaft gehört werden – der allerdings laut Steffen M.-R. derzeit in Spanien leben soll.