RHEINSBERG Gestern wurde am Neuruppiner Amtsgericht das Urteil gegen den Rheinsberger Frank M. gesprochen.: sieben Monate Haft auf Bewährung. Der 22-jährige hat außerdem 120 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Frank M. trat im Sommer 2003 eine Rückleuchte des Dönerimbisses an der Paulshorster Straße ein, während der schon verurteilte Mittäter Ron W. versuchte, den Imbisswagen anzustecken. Sechs Tage vorher hatten die Männer den Imbissbetreiber Mehmet Cimendag beleidigt.
In gleicher Sache war bereits im Frühjahr verhandelt worden. Ein Urteil konnte sich das Gericht damals aber nicht bilden, weil zu befürchten war, dass der Angeklagte nicht voll schuldfähig ist. Ein n€logisches Gutachten schafft nun Klarheit: Frank M.s Intelligenz liegt deutlich unter dem Durchschnitt, ist aber noch im normalen Bereich angesiedelt. Er ist für seine Taten verantwortlich.
Erschwert wurde die Arbeit des Gerichts gestern durch widersprüchliche Zeugenaussagen und große Erinnerungslücken.
Für Verwunderung sorgte Zeugin May S., die mit am Tatort war und ihren Freund Ron W. nicht daran hinderte, einen brennenden Beutel unter den Dönerwagen zu legen: „Ich dachte nur, soll er doch machen, wenn er das unbedingt machen muss!“
Neue Perspektive durch geschützte Wohngemeinschaft Wohngemeinschaft für die junge Familie
RHEINSBERG Zum zweiten Mal saß gestern Vormittag der 22-jährige Rheinsberger Frank M. im Saal 317 des Neuruppiner Amtsgerichtes. Im Frühjahr hatte das Gericht erhebliche Zweifel an seiner Schuldfähigkeit. Frank M. konnte sich damals kaum noch an die ihm vorgeworfenen Taten erinnern. Mehrfach sagte er sehr leise: „Kann sein, kann nicht sein.“
Im Sommer 2003 soll Frank M. ein Rücklicht eingetreten haben, als sein damaliger Kumpel Ron W. versuchte, den Dönerwagen des Türken Mehmet Cimendag an der Paulshorster Straße anzustecken. Außerdem soll er den Plastikbeutel mit angezündet haben, ehe Ron W. ihn unter den Wagen legte. Weiter sollen die beiden Männer den Türken sechs Tage zuvor beleidigt haben. Der Dönerstand brannte nur deshalb nicht ab, weil seine Unterseite aus Metall bestand.
Frank M. besitzt zwar den Abschluss der Allgemeinen Förderschule, hat aber die Lehre abgebrochen. Die n€logische Gutachterin schilderte gestern, dass bei Frank M. zwar eine niedrige Intelligenz, doch kein Schwachsinn vorliege. Emotional und sozial sei er allerdings zurückgeblieben. Von verringerter Schuldfähigkeit könne aber keine Rede sein. Zu Vater und beiden Brüdern habe er keinen Kontakt. Seien sozialen Schwierigkeiten könnten auch darauf zurückgeführt werden, dass er immer wieder in andere Kinderheime kam. Seit einigen Monaten lebe er in Neuruppin bei seiner Freundin und der gemeinsamen dreijährigen Tochter. Kontakte zu seinem ehemaligen „wohl eher rechtsradikalen Freundeskreis“ gebe es nach seinen Angaben nicht mehr. Seine intellektuell verminderte Leistungsfähigkeit sei ihm wahrscheinlich in die Wiege gelegt worden. Denn die Mutter war Alkoholikerin. Spirituosenmissbrauch während der Schwangerschaft könnte zu den Verhaltensbesonderheiten führen, die bei Frank M. vorhanden sind. Die Nervenärztin empfiehlt, der jungen Familie durch Integration in ein geschütztes Wohnprojekt zu helfen. Die Freundin habe zuvor im Betreuten Wohnen gelebt. Seit 2001 wird Frank M. durch einen Betreuer bei der Bewältigung seines Lebens unterstützt. Der Helfer, von Beruf Heimerzieher, schätzte gestern ein, dass Frank M. zwar immer noch ein bisschen träge sein, sich aber rührend um die kleine Tochter kümmere. Mit ihr gehe er spazieren und hole sie von der Krippe ab. Die Rheinsberger Wohnung habe Frank M. aber aufgeben müssen, denn „dort gab es Probleme mit dem Vermieter“. Es seien oft Leute mit rechter Gesinnung zu Gast gewesen. Auch habe es viele Beschwerden über rechtsradikale Musik gegeben, die laut abgespielt wurde. Außerdem gab es in M.s Wohnung einen enormen Wasserverbrauch. 800 Euro Betriebskosten fielen allein für 2003 an. Der Betreuer kann sich das nur so erklären, „dass viele der rechten Gäste gleich noch bei ihm geduscht haben“.
May S., Freundin von Ron W., war in jener Sommer-Tatnacht gemeinsam mit den beiden Männern unterwegs. Das Gericht hatte gehofft, von ihr Details zu erfahren. Doch May S. konnte Richter Gerhard Pries nicht sagen, ob Frank M. die Plastiktüte mit angesteckt hatte: „Ich bin mir nicht sicher, dass er sie nicht mit angezündet hat.“ Dann fragte der Richter, weshalb sie nicht versuchte, die Tat zu verhindern. Sie antwortete: „Das war mir eigentlich so ziemlich egal. Ich dachte nur, soll er doch machen, wenn er das unbedingt machen muss!“ Bevor die Zeugin entlassen wurde, wies Pries sie darauf hin, dass ihr Freund ein Verbrechen begangen habe. Sie möge doch mal über ihre Haltung nachdenken. Ron W. sagte gestern, anders als im Frühjahr, dass Frank M. den Sack nicht mit angezündet habe. Er blieb bei dieser Variante auch nach den Hinweisen von Richter und Staatsanwältin auf mögliche Folgen einer Falschaussage.
Weil nicht klar wurde, ob der in jener Nacht entstandene Schaden am Dönerwagen über die 25 Euro für das Rücklicht hinausgeht, konnte das Gericht nur diese Summe ansetzen. Mehmet Cimendag argumentierte in stark gebrochenem Deutsch zwar mit einem Gutachten über Schäden von 1177 Euro. Doch könnten diese auch bei früheren nächtlichen Übergriffen auf das Eigentum des Türken entstanden sein, fand das Gericht. Ein Dolmetscher hätte die Kommunikation sicher sehr erleichtert.
Das Gericht folgte der Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidiger weitgehend. Frank M., der s eine Tat gestern bereute, muss eine siebenmonatige Haftstrafe nur antreten, wenn er sich während der dreijährigen Bewährung etwas zu Schulden kommen lässt. Auch hat er innerhalb von vier Monaten 120 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Ein Bewährungshelfer steht ihm zur Seite. Weiterhin trägt M. die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist rechtskräftig, da allseits auf den Einsatz von Rechtsmitteln verzichtet wurde.