(MOZ) Wie wird ihnen zumute gewesen sein, den jungen Offiziersanwärtern und vier Anwärterinnen aus dem Artillerie-Aufklärungs-Bataillon 131 in Neustadt/Hessen? Sie sollten an jenem Samstag-nachmittag nicht nur Zeugen des feierlichen Geschehens auf dem Lietzener Soldatenfriedhof sein. Den Bundeswehrangehörigen, die sich zur Weiterbildung in Seelow und Küstrin befanden, kam die Aufgabe zu, die kleinen Särge mit den sterblichen Überresten jener 46 deutschen Kriegstoten zur letzten Ruhe zu betten.
Es sei für sie, die eben erst in der Seelower Gedenkstätte den Film zur Schlacht um die Seelower Höhen gesehen hätten “sehr, sehr bewegend”, sagte Oberstleutnant Dietmar Felber, der Kommandeur. Augenzeugen, wie der 80-jährige Werner Schwandler aus Wolfsburg oder Gerhard Hahn aus Weinstadt, verstärkten mit ihren gefühlvollen Berichten über das Grauen von vor 60 Jahren an den Gräbern ihrer Kameraden den Eindruck für die Soldaten von heute.
Unter den Gästen der Beisetzungsfeier waren auch diesmal wieder Angehörige der in Lietzen Bestatteten — doch keine von den 46 am Samstag zur letzten Ruhe Gebetteten. Es dauere seine Zeit, bis die Deutsche Dienststelle die Gefundenen identifiziert und Angehörige ausfindig gemacht habe, erklärte Umbetter Erwin Kowalke. Er hat bei etwa der Hälfte der Toten Erkennungsmarken gefunden.
Die sterblichen Überreste des 46. Opfers hatte Erwin Kowalke übrigens erst am Tag zuvor aus Ziltendorf abgeholt, wo Munitionssucher in der Thälmannsiedlung auf sie gestoßen waren.
Ein “unglaublicher Zufall” war es für Bärbel Thoeneß, geborene Runge, die Beisetzung erleben zu können. Die gebürtige Gorgasterin war mit ihrem Mann aus Florida in die alte Heimat gekommen. “Von der Feier in Lietzen haben wir aus der Zeitung erfahren und der Wirt vom Alten Fritz in Letschin hat uns hergeführt”, erzählte Bärbel Thoeneß, die selbst Mitglied im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist und die Hoffnung, dass ihr vermisster Onkel noch gefunden wird, nicht aufgegeben hat.
Für Landrat Jürgen Reinking, der ebenso wie der Seelow-Länder Amtsdirektor Herbert Blanke an der Beisetzung teilnahm, wird es wohl die letzte Veranstaltung dieser Art im Amt gewesen sein.