(Michael Maurer, 01.01.05, auf Indymedia) Am 31.12.2004 um 11:55 Uhr fand in Jüterbog, die Aktion “Begräbnis des Sozialstaats” statt. Es fanden sich über 200 Teilnehmer, überwiegend aus dem Kreis der Montagsdemonstranten, ein. Aber auch zwei Vertreter mit Gewerkschaftsfahnen (IG-Metall und AUB) waren vertreten.
Sabine Hilber begrüßte die Teilnehmer und eröffnete das “Begräbnis”.
Steffen Marsch, Michael Maurer, Rainer Weigl und Maritta Böttcher hielten die Nachrufe.
Unter den Klängen des “Gefangenenchors” tauchte der Sarg, getragen von vier Sargträgern und angeführt von Anton Gorisek, welcher ein Kreuz vorweg trug, auf. Die Versammelten trauernden schlossen sich spontan dem Zug an, welcher einen großen Halbkreis auf dem Jüterboger Marktplatz beschrieb.
Am Endpunkt angekommen, setzten die Träger den Sarg feierlich ab, verharrten noch einige Zeit, bis sich die Trauernden wieder auf ihren Plätzen eingefunden hatten. Anschliessend verbeugten sie sich und die Musik klang aus.
Steffen Marsch verband seinen Nachruf geschickt mit einem Seitenhieb auf ein, in der Landespolitik gescheitertes, Jüterboger SPD-Mitglied, welches sich in der Lokalpresse abfällig über die Montagsdemonstranten äusserte.
Rainer Weigel hatte seinen Nachruf in Versform gepackt, und schloss ihn mit einem Apell an die Anwesenden, nicht aufzugeben.
Michael Maurer nahm seinen Nachruf zum Anlass, um auf die schier unerträgliche Heuchelei hinzuweisen, welche Angesichts der offiziellen Verlautbarungen von Politikern und Medien, zu der Naturkatastophe in Asien, zu Tage tritt:
“Wer trauert um hingemordete Kinderseelen — Seelen 10jähriger zur Prostitution gezwungener Mädchen, um die von Sklavenarbeit für Konzerne zerstörten Seelen ganzer Familien und Generationen? Um die Seelen der in Verelendung Lebender? Milliarden Menschenleben auf dem Altar der Rentabilität und Gewinnmaximierung geopfert. — Gemordet -!”
Maritta Böttcher (PDS) zerpflückte in ihrem Nachruf Punkt für Punkt die Agenda 2010 noch einmal als das, was sie ist:
Keine “Rettung” oder “Sicherung” der Sozialsysteme, sondern Rettung und Sicherung der Profit-Systeme.
Abschliessend machte sie den Trauergästen Mut nicht nachzulassen und die Demonstrationen weiterzuführen, und am 03.01.2005 um 08:00 Uhr vor dem Arbeitsamt in Luckenwalde zu erscheinen.
Anton Gorisek bat die Trauernden noch ein wenig bei einer Trauerminute inne zu halten, und unter den Klängen des “Marche funèbre” von Frederic Chopin fand das Begräbnis ein nachdenkliches Ende.