(MAZ, Jeanette Bederke) FRANKFURT (ODER) — Die Zollfahndern an der A 12 bei Frankfurt staunten in
der Nacht zum Dienstag nicht schlecht. In den drei gestoppten polnischen
Schmuggel-Kleintransportern mit falschen Kennzeichen fanden sie nicht etwa
die erwarteten Zigaretten und Drogen. Statt dessen wurden sie von 58
erschrockene Augenpaaren angestarrt. “Wir hatten vom polnischen Grenzschutz
Hinweise auf Schmuggelgut”, erklärte Zollfahnder Wolfgang Böttcher gestern.
“Mit Personen hatten wir nicht gerechnet.”
Die über die deutsch-polnischen Grenze geschleusten Flüchtlinge stammen aus
Tschetschenien und Georgien: 35 Erwachsene und 23 Kinder waren auf dem Weg
nach Berlin. Noch gestern sollten die Flüchtlinge nach Polen abgeschoben
werden. Die drei mutmaßlichen Schleuser sitzen derweil in Untersuchungshaft.
Gegen sie wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Den Zollfahndern sind
die Männer nicht unbekannt, sie waren bereits beim Zigarettenschmuggel
ertappt worden.
Der polnische Grenzschutz und die Gorzower Staatsanwaltschaft haben die
polnische Schmugglerbande bereits seit mehreren Monaten im Visier. Auf die
Spur gekommen war man den Verdächtigen durch korrupte Beamte, die
offensichtlich in der kriminellen Vereinigung mitmischten, wie der Sprecher
der polnischen Grenzwacht, Mariusz Skrzynski, bestätigt. “Wir haben im
Zusammenhang mit dem aktuellen Aufgriff auf der östlichen Oderseite sechs
Personen festgenommen, darunter die beiden Grenzer.” In seiner Behörde gebe
es eine Spezialeinheit zur Bekämpfung von Korruption. Vollständig
zerschlagen sei die Bande zwar noch nicht, jedoch in ihren Grundfesten
erschüttert, ist sich Skrzynski sicher. “Die Ermittlungen in Polen laufen
weiter.”
Insgesamt waren an der grenzüberschreitenden Aktion 100 polnische Grenzer
sowie 200 Beamte auf deutscher Seite beteiligt. Der Aufgriff ist nicht nur
auf Grund der großen Gruppe illegaler Flüchtlinge für die Grenzbehörden ein
Erfolg. Vielmehr haben die einbezogenen Behörden — Zoll, Polizei, deutscher
und polnischer Grenzschutz sowie die Staatsanwaltschaften — einen Beweis
ihrer Zusammenarbeit geliefert. Und der kommt wenige Wochen vor dem
EU-Beitritt Polens und den mit dem Wegfall der Zollkontrollen an der Grenze
befürchteten Sicherheitsmängeln gerade recht. Was die Bekämpfung krimineller
Banden betrifft, habe man ein dichtes, binationales Netz von Gegenmaßnahmen
geknüpft, sagte Frankfurts Polizeipräsidentin Winfriede Schreiber. “Es wird
nach dem 1. Mai keine Sicherheitseinbußen geben.”
Im Vorjahr waren in Polen rund 5000 Flüchtlinge festgenommen worden, 3000
davon beim illegalen Grenzübertritt.
58 Menschen bei illegaler Einreise gestellt
Fahnder suchen Schmuggel-Zigaretten — und entdecken Tschetschenen und Georgier
(BM, Jeanette Bederke) Frankfurt (Oder) — Für 58 Tschetschenen und Georgier hat die illegale
Einreise nach Deutschland anderthalb Kilometer hinter der Oder abrupt
geendet. Auf der A 12 stoppten Grenzschützer, Polizisten und Zollbeamte drei
polnischen Kleinlaster, in denen die 20 Männer, 15 Frauen, darunter eine
Schwangere, und 23 Kinder eingeschleust werden sollten. Die Wagen waren mit
gefälschten Behördenkennzeichen ausgestattet worden.
Tschetschenen sind bislang kaum beim illegalen Grenzübertritt gestellt
worden. Ukrainer führten die Statistik an.
Mit Menschenschmuggel hatten die Fahnder bei ihrer Aktion in der Nacht zu
Mittwoch gar nicht gerechnet. “Wir suchten eigentlich nach
Schmuggel-Zigaretten und Drogen”, sagte Wolfgang Böttcher von der
Zollfahndung. Es hätten entsprechende Hinweise von den polnischen Kollegen
vorgelegen.
Noch am Mittwoch sollte die eingeschleuste Gruppe nach Polen zurückgeführt
werden, sagte der Vizechef des Frankfurter Grenzschutzamtes, Armin Schuster.
Die drei polnischen Schleuser sitzen in Untersuchungshaft. Sie waren bereits
früher beim Zigarettenschmuggel nach Deutschland aufgefallen. “Nach unseren
Erkenntnissen wurden sie nun von der Bande gezwungen, die damals erlittenen
Verluste als Kurierfahrer für Flüchtlinge abzuarbeiten”, sagte Böttcher.
Der polnische Grenzschutz und die Staatsanwaltschaft in Gorzow (Landsberg)
sind der polnischen Schmugglerbande bereits seit mehreren Monaten auf der
Spur gewesen. Offensichtlich mischten dort auch korrupte Grenzbeamte mit,
zwei wurden im Zusammenhang mit dem aktuellen Zugriff festgenommen, wie der
Sprecher der polnischen Grenzwacht, Mariusz Skrzynski, bestätigt.
In seiner Behörde gebe es eine Spezialeinheit zur Bekämpfung von Korruption
in den eigenen Reihen. “Ohne bestechliche Grenzer würde die ganze
Grenzkriminalität nicht funktionieren”, ist Skrzynski überzeugt. Insgesamt
waren an der grenzüberschreitenden Aktion 100 polnische und 200 deutsche
Beamte beteiligt.
Ihr Erfolg kommt vor dem Hintergrund des bevorstehenden EU-Beitritts Polens
sehr gelegen. Er zeige, dass beide Seiten für die Zeit nach dem 1. Mai gut
gerüstet sind, sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Dann
werde es erhebliche Erleichterungen für die grenzüberschreitende
Polizeiarbeit geben. So könnten flüchtende Tatverdächtige über die Grenzen
verfolgt werden. Das werde vor allem den Kampf gegen die organisierte
Kriminalität und gegen international operierende Schleuserbanden stärken.
Diese Täter machten Millionengewinne mit einem der widerlichsten Verbrechen,
dem Menschenhandel.