POTSDAM Mit einem lauten Knall fliegt die Tür weg und ein Tross vermummter Polizisten stürmt eine Wohnung, in der ein bewaffneter Verbrecher sitzt. Was für einen Revierpolizisten eine Nummer zu groß ist, wird künftig unterm Dach des Landeskriminalamts (LKA) erledigt. Rund 200 Beamte sind jetzt in einer gemeinsamen Abteilung zusammengefasst. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) unterstellte die Spezialeinheiten im Zuge der Polizeireform gestern in Potsdam offiziell dem LKA. Zuvor waren dafür das LKA und die untergeordnete Landeseinsatzeinheit (Lese) gemeinsam zuständig.
“Diese Entscheidung war überfällig”, sagte der Minister. Die Frage, ob damit nur das LKA gestärkt werde, stelle sich nicht. “Alle arbeiten für das Land Brandenburg.” Noch während der Minister die Konzentration der Zuständigkeit lobte, begann das Sondereinsatzkommando (SEK) zu schießen — der Einsatzbefehl für den zweiten Teil der Übung kam zu früh. Diese kleine Panne war offenbar dem Vorführeffekt geschuldet. Denn die zuständigen leitenden Beamten waren sich einig: Mit der Bündelung beim LKA sei der “jahrelange Konkurrenzkampf” beendet, sagte Abteilungsleiter Klaus Kandt.
Ihm unterstehen die Spezialkräfte mit dem SEK, das für Observierungen zuständige Mobile Einsatzkommando (MEK), eine Verhandlungsgruppe sowie eine Einheit für die Technik bei Lauschangriff und Videoüberwachung. Zuvor wurden bei der Lese 120 Spezialkräfte und beim LKA 70 Beamte für diese Aufgaben eingesetzt. Synergieeffekte sieht Kandt vor allem beim technischen Material, das nun aus einem Pool komme. Auch die einzelnen Dienststellen hätten nun den Service aus einer Hand und einen Ansprechpartner. Auch die Ausbildung werde dadurch billiger.
“Mit der Neuordnung haben wir im Vergleich zu anderen kleinen Bundesländern einen hohen Standard was die Stärke des Personals betrifft”, so Kandt. Das “handverlesene Personal” unterziehe sich einer halbjährigen Ausbildung. Sie sind die einzigen Polizeibeamten im Land, die solche gefährlichen Situationen mit scharfer Munition — wie auch bei der Demonstration — einüben dürfen. Die gut ausgebildete Truppe wird gleichwohl nur gerufen, wenn eine Gefährdung absehbar ist. “Für einen normalen Streifenpolizisten ist es mitunter gefährlicher, wenn etwa bei Ehestreitigkeiten plötzlich eine Waffe gezogen wird”, erläuterte Kandt.
Die Entscheidung für die Umstrukturierung, die vor dem 11. September gefallen war, erweise sich aus heutiger Sicht als umso wichtiger, sagte Schönbohm. Auch werde so die Voraussetzung dafür geschaffen, die Zusammenarbeit mit den Berliner Kollegen zu verbessern. “Die Zeiten sind vorbei, als die Brandenburger Polizei noch von der Berliner lernen musste”, zeigte sich der Minister selbstbewusst.
Mit der Reform soll neben der Verschlankung der Verwaltung eine reibungslose Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaften realisiert werden. Auch eine Autobahnpolizei soll aufgebaut werden. Im Zuge der lange umstrittenen neuen Struktur sind nun die Stellen für die Leitung der künftigen beiden Polizeipräsidien offiziell ausgeschrieben worden, wie Schönbohm bestätigte. Zu möglichen Kandidaten wollte sich der Minister noch nicht äußern.
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