Potsdam — Hinter dem breiten Schreibtisch des Potsdamer Strafverteidigers
Matthias Schöneburg hängt eine vergrößerte Gerichtszeichnung aus einem der
spektakulärsten Kriminalfälle in Brandenburg. Sie zeigt den 48-jährigen
Juristen zusammen mit Sergej Serow, einem der Mittäter im Fall des 1997
entführten und umgebrachten Matthias Hintze. Zugleich weist die Zeichnung
darauf hin: Schöneburg hat ein Faible für schwierige Fälle. “Mich reizt,
wenn es sich die Leute zu einfach machen und nach der Höchststrafe rufen”,
sagt er.
In vielen der großen Brandenburger Prozesse um Mord, Totschlag und schwere
Körperverletzung der vergangenen Jahre verteidigte er den Hauptangeklagten.
Und das Strafmaß bleibt meistens unter den Forderungen der
Staatsanwaltschaft. Das ist bei Serow so und 1996/1997 auch in der
Neuauflage des Dolgenbrodt-Prozesses, als Schöneburg einen Elektromeister
verteidigt.
Im Bunkermord-Prozess 2001 und im Diskomord-Prozess 2003 kommen die
jeweiligen Mandanten Schöneburgs ebenfalls glimpflicher davon, als von der
Anklage vorgesehen. Lediglich der Gewaltverbrecher Frank Schmökel erhält
2002 die geforderte Höchststrafe — in der ersten Instanz.
Derzeit verteidigt Schöneburg vor dem Landgericht Neuruppin im
Potzlow-Prozess Marco Sch. und vor dem Landgericht Frankfurt (O.) Melanie
J., die Mutter des schwer misshandelten zweijährigen Pascal. Er wolle ein
“gerechtes Strafmaß erreichen, das bedeutet nicht immer Freispruch”.
Er will “Waffengleichheit im Verfahren” herstellen zwischen den seiner
Meinung nach oft aus sozial benachteiligten Milieus stammenden Tätern sowie
Gericht und Staatsanwaltschaft. Jeder habe ein Recht auf Verteidigung. “Die
Straftaten meiner Mandanten verurteile ich allerdings wie andere Menschen
dies auch tun”, bekennt der Vater zweier Töchter. Als der Hartgesottene von
den schweren Verletzungen des kleinen Pascal liest, verspürt er einen “Kloß
im Hals”. Den Mord an Marinus Schöberl in Potzlow empfindet er als
“unvorstellbar grausam”.
Wichtig ist Schöneburg ein häufiger Kontakt mit seinen Mandanten, weshalb er
sie oft im Gefängnis aufsucht. Auf diese Weise “baut sich Nähe, aber keine
Sympathie auf”, und es lasse sich besser arbeiten. Für Serow beispielsweise
war er die einzige Bezugsperson. Beide diskutierten im Knast über Literatur.
Mit Schmökel habe er sich normal unterhalten, erzählt Schöneburg. Dieser
sei — anders als in der Öffentlichkeit dargestellt — kein Monster wie
Hannibal Lecter aus dem Spielfilm “Schweigen der Lämmer”.