Oranienburg — Wenn Grauzonenbands und Veranstalter von solchen konzerten wegen rassistischen, chauvinistischen und anderen unsäglichen Texten kritisiert werden, dann reagieren diese meist mit einer Mischung aus Verfassungsschutzrethorik und Opfergehabe. So auch Ende des letzen Jahres der Veranstalter des „Oi The Nische“-?Festivals in Oranienburg
Der Anstoß für die derzeitigen Empörungen seitens der Oi-?Szene gegenüber uns als lokalen Antifagruppe ist ein Text aus dem vergangenen Jahr.*1 Im vergangenen Sommer wurden wir darauf hingewiesen, dass beim „Oi The Nische“ mehrere Bands aus der Grauzone spielen sollten. Diese waren die Bands „Gerbenok“, „Bombecks“ und „Stärkste Minderheit“. Wir haben nach Eigenrecherchen einen Text geschrieben, der nach unseren heutigen Informationen nicht ausreichend war. So haben wir uns dort zu sehr auf Gerbenok konzentriert und Bombecks, sowie stärkste Minderheit den grauen Schleier entfernt und uns zu wenige Informationen aus dem Spektrum der Oi-?Skinheadszene geholt. Der Kern der damaligen Kritik an dem „Oi The Nische“ ist allerdings auch heute unverändert. Bands, die gegen Homosexuelle*2, Migrant_Innen*3, antifaschistisches Engagement*4 hetzen, und Frauen*5 in Texten abwerten erhalten von uns eine klare Absage und werden durch uns auch in die Öffentlichkeit gestellt. Bei Bands wie Bombecks sollte sogar über den Begriff „Grauzone“ diskutiert werden, denn wer Lobeshymnen auf Naziläden(De Kastelein) trällert und sein Musik u.a. als RAC bezeichnet ist schon über die Grauzone hinaus.~6.
Der Veranstalter verteidigte sich und seine Veranstaltung, ohne dabei auf die Kritiken an den Bands einzugehen.*7
Im Verlauf der Zeit waren wir nicht die Einzigen, die das „Oi The Nische“ unter Beobachtung stellten. Auf der Webseite des Veranstalters wurde das bisher letzte Konzert mit einem Umzug angekündigt. Die Jahre vorher fand die Veranstaltung fast immer in Schmachtenhagen im Gasthof Niegisch statt, doch aufgrund eines Nachbarn geht dies nun nicht mehr, denn dieser hat sich bei der Presse über anhaltende „Rechtsrockkonzerte“ beschwert. Statt auf Aufklärungskurs zu gehen, oder sich zu überlegen, wie solche Bilder entstehen, schreibt der Veranstalter: „Wir hecken schon Rache-?Pläne gegen besagten Nachbarn aus“*8. Das letzte Konzert fand daher im Sportlerheim des FC Eintracht Oranienburg statt. Weitere Beobachter sind die Beamten des polizeilichen Staatsschutzes. Die örtliche Zivilgesellschaft wunderte sich über die regelmäßigen Aufläufe von Skins, Punks und Rockabillys und fragte bei der Tomek/Mega Oberhavel an, um was für Personen es sich dabei handelt. Diese gaben an, dass sich bei diesem eher unpolitischen Konzert auch junge Neonazis aus Oranienburg untermischen, die dem subkulturellen rechten Cliquen-?Milieu angehören. Darüber hinaus wurden mehrfach bekannte NPD/JN-?Kader wie der Nassenheider Andreas Rotkohl bei diesem Konzert beobachtet.
Aufgrund dieser Fülle an neuen Informationen haben wir uns dazu entschlossen, dass „Oi The Nische“ in die Recherchebroschüre*9 zu nehmen, welche im September erschienen ist. An keiner Stelle wurde erwähnt, dass dort Neonazikonzerte stattfinden oder der Veranstalter selber ein Neonazi sei. Anstatt nun vielleicht doch mögliche Fehler zu reflektieren, schrieb er auf seiner Webseite ein „Einopferungs“text*10, indem er und seine „Kamernossen“ sich als Opfer der „Rotfaschisten“ sah, die ihn in eine Neonaziecke stellen wollen. Dem gegenüber stehen seiner Meinung nach die Nazis, die ihn in eine „linke“ Ecke stellen wollen. Ein Musterbeispiel an Extremismustheorie zeigte er, als er das übliche „linke und rechte sind das gleiche“-?Geschwafel vom Stapel ließ. In seinem Gästebuch und inzwischen auch auf unseren Blog sind ähnliche Kommentare von Menschen zu lesen, die sich mit den Veranstaltern solidarisch zeigen. Auch brüstet sich der Veranstalter damit, dass „eher linke mit dem eher rechtem Publikum ausgelassen“*11 miteinander feiern. Auch eine Oi-?Punk-?Seite*12 solidarisiert sich inzwischen mit den Opfern von „einzig wahren Antifaschisten“. Daneben haben die Macher der Seite erkannt, dass das Outfit der Antifa, der der SS gleicht und diese wohl die neue Gestapo/Stasi sei.
Beim nächstem Oi The Nische, am 6.März sollen u.a. die Oranienburger Band Johnny Wolga, die Potsdamer Band Donkey Work und die Berliner Goyko Schmidt spielen.*13 Wir finden es gut, dass mit Donkey Work eine antifaschistische Band in Oranienburg spielt, aber ob das Oi The Nische der richtige Ort ist, zweifeln wir an.
Es liegt nicht in unserem Interesse, Veranstaltung aus „willkürlichen“ Motiven zu kritisieren und zu denunzieren. Eher betreiben wir Aufklärungsarbeit und zu dieser gehört das Aufdecken von neonazistischer und/oder rechtsoffener Tendenzen, die wie im gegebenen Fall in der Grauzone liegen. Wir sind zwar der Meinung, dass Subkulturen wichtig sind, denn Vielfältigkeit ist gerade in ländlichen Gebieten oft ein wichtiger Teil des Kampfes gegen Neonazis, aber um es mit den Worten der letztjährigen „Siempre Antifascista Aktionstage“ zu sagen, „kick Nazis out of our subculture“.
*1Rechtsoffene Band in Oranienburg
*2 Gerbenok – Reich und Schwul
„[…]Reich und Schwul – so wie’s jeder kennt/ Reich und Schwul – das die Ro¬set¬te brennt[…]“
*3 Gerbenok – die neuen Hippies
„[…]Irgendwelche Asylanten dealen auf dem Bahnhofsklo[…]Schicken Kinder auf den Strich[…]“
*4 Stärkste Minderheit – Anti(?)Fa
„[…]Ihr seid wirklich nur zum Kotzen. Dumm, verbohrt und ignorant. Nichts als kommunistische Fotzen[…]AntiFA heißt Arroganz, AntiFA – Intoleranz[…]“
*5 Bombecks – Whisky in mein Herz
„[…]Bin gespannt bei welcher Pussy ich heut’ land. Geil, streng und hundsgemein, ja so muss ne’ „Lady“ sein.[…]“
*8 „Nische-?firm 05.?08.?2009“
*10 “Nische-?firm 25.?11.?2009“
*11 Eintrag 215 im Gästebuch des Oi The Nische
*12 Pankrotz
*13 Oi The Nische 9
Weitere Informationen zu Grauzonen gibt es auf: