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Spiel ohne Grenzen

In dem kleinen Ort Brunne begeg­net man der Gefahr von rechts mit einem “Völker­ball”

(05.07.03) BRUNNE. Drei Fremd­sprachen an einem Tag ler­nen — fast jeden­falls. Noch am
sel­ben Tag eine Brücke über einen Kanal bauen. Und, wenn dann noch Zeit ist,
Ball spie­len, quatschen, tanzen. In Brunne, einem 367 Ein­wohn­er zählenden
Dorf in Ost­prig­nitz-Rup­pin, wird am Woch­enende gezeigt, wie s geht. Zum
drit­ten Mal lädt der Ort zum “Völker­ball” ein — einem
Jugend­begeg­nung­spro­jekt. 30 Mäd­chen und Jun­gen aus dem bul­gar­ischen Dorf
Momshilows­ki, dem pol­nis­chen Ort Czarnow und der franzö­sis­chen Gemeinde
Puiv­ert tre­f­fen auf 60 Jugendliche der nord­bran­den­bur­gis­chen Gemeinden
Brunne, Dech­tow, Kar­we­see, Bet­zin und Lentzke. Es wird, so sagt Brunnes
Bürg­er­meis­ter Bern­hard Robben, eine Art “Spiel ohne Gren­zen” — ein
Wet­tkampf, bei dem die Mannschaften elf Auf­gaben erfüllen müssten. 

Geboren wurde die Idee des “Völker­balls” vor Jahren, als bei einem Fest des
Reit­er­hofes in Brunne jugendliche Recht­sradikale auf­taucht­en. “Die Glatzen
haben nicht nur mir zu denken gegeben”, sagt Robben. Gle­ichzeit­ig aber habe
er auch ein schlecht­es Gewis­sen bekom­men. “Für Jugendliche gibt es doch hier
wirk­lich nichts”, sagt der 47-Jährige. Das Gemein­de­haus habe er in seiner
bis heute sieben­jähri­gen Amt­szeit dreimal für die jun­gen Leute geöffnet, als
Jugend­club-Ersatz. Doch jedes Mal habe er das Haus wieder schließen müssen.
Zu viel wurde zer­stört, wenn die Mäd­chen und Jun­gen unter sich waren. Was
also tun mit den Jugendlichen? “Ich habe mit Leuten aus den Nachbarorten
gesprochen, über­legt was wir gegen die wach­sende Bedro­hung von rechts
unternehmen kön­nen”, sagt Robben. 

Glück war, dass aus­gerech­net der Geschäfts­führer des interkulturellen
Net­zw­erkes von Berlin nach Brunne gezo­gen war. Das Net­zw­erk hatte
Verbindun­gen ins franzö­sis­che Puiv­ert. Über die Organ­i­sa­tion “Apothek­er ohne
Gren­zen”, die Medika­mente nach Ost€pa geschickt hat­te, bekam man Kontakt
nach Momshilows­ki und Czarnow — und lud sich für einige Tage Jugendliche von
dort zum “Völker­ball” ein. Das war im Jahr 2001. “Es war ein­fach schön zu
sehen, wie junge Leute ver­schieden­er Natio­nen miteinan­der gespielt und
gefeiert haben”, sagt der Bürgermeister. 

Nun gibt es “Völker­ball” zum drit­ten Mal. Die Fran­zosen und Polen haben
bere­its vor eini­gen Tagen die Zelte auf ein­er Wiese vor den Toren Brunnes
bezo­gen, am Fre­itag kamen nun auch die Bul­gar­en an. Die aus­ländis­chen Gäste
müssen für ihren Besuch in Bran­den­burg nichts bezahlen, die jun­gen Gastgeber
jew­eils zehn Euro. “Dafür ist aber von Fre­itagabend bis Son­ntag­mit­tag für
Essen und Über­nach­tung gesorgt”, sagt Bürg­er­meis­ter Robben. 

Finanziert wird der “Völker­ball” aus den ohne­hin schon gebeutelten
Gemein­de­haushal­ten, aus Spenden und von dem Geld, dass die Mäd­chen und
Jun­gen aus Brunne und Umge­bung seit dem let­zten Tre­f­fen in den Dörfern
zusam­menge­sam­melt haben. Aber gesichert war das Pro­jekt in diesem Jahr erst
dank ein­er Spende der “Aktion Men­sch”, die Anfang der Woche 4 500 Euro
dazugegeben hat. So kön­nen die Organ­isatoren sog­ar Preise kaufen. 

Der “Völker­ball” hat am Fre­itagabend begonnen. Da wählten die Mäd­chen und
Jun­gen ihre Teams zu je fünf Mann. Sie erhiel­ten weiße T‑Shirts und
Farb­spray­dosen, mit denen sie ihre selb­st ent­wor­fe­nen Team-Logos auf die
Hem­den gesprüht haben. “Die machen das mit ein­er Inbrun­st, das ist
unglaublich”, sagt Robben. 

Am Sonnabend trifft man sich zunächst zu einem gemein­samen Früh­stück. Dann
fängt das “Spiel ohne Gren­zen” an. Ein Europaquiz ist noch das Leichteste,
Sprach­spiele dann schon schwieriger, eine Brücke aus Papi­er bauen eine echte
Her­aus­forderung, eben­so wie die Dor­fral­lye. Dabei erhal­ten die Mannschaften
Fotos. Sie zeigen Fen­ster oder Türen von ver­schiede­nen Häusern im Ort. Wo
befind­et sich dieses Haus, ist dann die Frage? Oder aber, wo gibt es die
meis­ten Hüh­nereier im Dorf? Wie alt ist der Bürg­er­meis­ter — um nur die
ein­fach­sten Fra­gen zu nen­nen. “Bei allen Auf­gaben ste­ht der Teamgeist im
Vorder­grund”, sagt Bürg­er­meis­ter Robben. Das “Spiel ohne Gren­zen” endet
gegen 16 Uhr, dann müssen alle Auf­gaben gelöst sein. 

Abends legt ein DJ Plat­ten auf, und der Sieger wird gekürt. Doch
Bürg­er­meis­ter Robben ist sich sich­er, dass jed­er Teil­nehmer als Gewinner
nach Hause fährt.

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