Der Landkreis Barnim hat die Entwicklung eines Konzepts für Sprachmittlung in Auftrag gegeben und will demnächst darüber beraten und entscheiden, ob und wie es umgesetzt wird. Dabei geht es darum, für Behördentermine, Arztbesuche, Beratungen u.ä. einfacher als bisher Sprachmittler_innen hinzuziehen zu können.
Das Fehlen von Sprachmittler_innen ist häufig ein Problem, für die Betroffenen, die (noch) nicht gut Deutsch sprechen ebenso wie für Ärzt_innen, Ämter und andere. Ärzt_innen können Menschen nicht sinnvoll beraten, wenn die Verständigung nicht funktioniert. Beim Grundsicherungsamt, Jobcenter und anderen Stellen haben die Angestellten häufig mehr Arbeit, wenn sie nicht richtig verstanden werden. Betroffene wiederum haben Rechte gegenüber den Ämtern und müssen ihre Rechte kennen, verstehen und dafür einstehen können. Wenn schon hier Aufgewachsene oft nur schwer bürokratische Begriffe und Vorgänge verstehen können, wie soll es dann jemand können, der noch nicht lange genug hier lebt, um die Sprache so gut zu beherrschen?
Diesen Problemen soll ein Sprachmittlungs-Konzept entgegenwirken. Die Initiative „Barnim für alle“ begrüßt es sehr, dass der Landkreis das Thema angeht. Bisher gibt es lediglich den Verein „Kontakt e.V.“ als unabhängige Stelle, die Sprachmittler_innen in begrenztem Umfang vermitteln kann und der für einzelne Übersetzungsleistungen vom Grundsicherungsamt eine Erstattung bekommt. Ein Sprachmittler_innen-Pool, über den Betroffene als auch Ämter, Ärzt_innen usw. unkompliziert Sprachmittler_innen für Termine buchen können, würde dem Abhilfe verschaffen. Der Landkreis hofft, einen solchen Sprachmittler_innen-Pool rein aus Ehrenamtlichen aufbauen zu können. In diesem Ansatz sieht die Initiative „Barnim für alle“ mehrere Probleme:
‑Nur eine angemessene Vergütung kann Professionalität und kontinuierliche Qualität sichern, denn ehrenamtliche Sprachmittler_innen sind davon schnell überfordert, wenn sie keine oder keine ausreichende Aus- und Fortbildung und Berufspraxis haben.
‑Bezahlte Sprachmittler_innen können ihre Kenntnisse vertiefen, wenn sie regelmäßig dolmetschen und nicht einer anderen Vollzeit-Erwerbsarbeit nachgehen müssen.
‑Eine klare Rollentrennung zwischen Dolmetschen und ehrenamtlichem Unterstützen ist notwendig, um die Neutralität der Sprachmittlerin/ des Sprachmittlers zu sichern.
In vielen Städten und Landkreisen gibt es staatlich finanzierte Sprachmittlungs-Konzepte, die die Sprachmittler_innen angemessen bezahlen. In Städten wie Osnabrück und Hannover werden mind. 20,00 Euro/ Stunde bezahlt. In Hennigsdorf im Landkreis Oberhavel bekommen Sprachmittler_innen immerhin Aufwandsentschädigungen, wenn auch (noch) keine Honorare.
Die Inititative „Barnim für alle“ fordert den Landkreis auf, ein Sprachmittlungs-Konzept zu beschließen, das eine angemessene Vergütung vorsieht, um die nötige Qualität zu gewährleisten. Dazu müsste ein Finanzierungskonzept entwickelt werden, das beachtet, wie viel Arbeitszeit und damit Kosten den jeweils beteiligten staatlichen Stellen (Ämter, Schulen,…) zusätzlich entstehen, wenn es keine funktionierende Sprachmittlung gibt. Jede dieser staatlichen Stellen könnte sich an der Übernahme der Kosten beteiligen.
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