Unter dem Motto „Cottbus unerhört!“ lädt der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) am 01. März 2018 zu einer zweifelhaften „Diskussionsplattform“, um über die Probleme in Cottbus zu debattieren, die laut Ankündigungstext seit Beginn des Jahres bestehen. Zur Veranstaltung sind auch der neurechte Verein Zukunft Heimat und eine lokale AfD-Vertreterin geladen. Wer aber politisch Andersdenkende als “Volksverräter” bezeichnet, kann kein Dialogpartner sein.
Auf den Demonstrationen von Zukunft Heimat gehören Rufe wie “Volksverräter” und “Lügenpresse” zum Standardritual - beinahe wie das Amen in der Kirche. Auch am 24. Februar riefen hunderte Demonstrationsteilnehmende “Volksverräter” während einer Rede des Geschäftsführers der AfD-Bundestagsfraktion Hansjörg Müller gegen alle anderen Parteien im Bundestag. Götz Kubitschek hatte zuvor Politik und Zivilgesellschaft zum Feind der Demonstrierenden erklärt — ebenfalls unter Volksverräter-Rufen.
Dazu erklärt Luise Meyer: “Wer Volksverräter ruft, will keinen Dialog. Er entzieht einem potentiellen Dialog die Grundlage, indem er politisch Andersdenkende, MedienvertreterInnen und PolitikerInnen zu Volksfeinden erklärt. In biederer Maske wollen AfD und Anhänger gerade keinen politischen Meinungsaustausch, sondern sie bereiten bereits die nächsten Demonstrationen vor, auf denen gegen politisch Andersdenkende und Flüchtlinge gehetzt wird — und Volksverräter-Rufe gehören zu jeder ihrer Demonstrationen.”
Während und nach den Demonstrationen von Zukunft Heimat kam es in der Vergangenheit zu mehreren gewalttätigen Übergriffen. “Menschen haben Angst in die Innenstadt zu gehen, wenn Zukunft Heimat dort demonstriert. Nachweislich befinden sich jedes Mal gewalttätige Neonazis unter den Teilnehmenden. Und diese rufen nicht nur Volksverräter, sondern werden handgreiflich.” fährt Luise Meyer fort. “Das politische Spiel ist doch ganz einfach: die AfD und ihre Vorfeldorganisation Zukunft Heimat schüren Ängste in der Bevölkerung, um sich dann selbst als Lösung anzubieten. Da spielen wir nicht mit.”
Darüber hinaus kritisiert Cottbus Nazifrei die zeitlich verkürzte Betrachtung von Vorfällen erst ab Januar 2018. So wurde beispielsweise am 28.06.2017 eine junge Afghanin auf dem Weg nach Hause mit ihren beiden Kindern von einer Frau angegriffen und mit einem Messer bedroht. Die Frau flüchtete in ihre Wohnung, die gerufene Polizei konnte das Messer kurze Zeit später sicherstellen. Am 23.06.2017 griffen in Guben mehrere Personen einen aus Afghanistan stammenden Vater und seinen 13-jährigen Sohn an, prügelten den Vater bewusstlos und verletzten seinen Sohn mit einem Messer. Weitere Übergriffe auf Geflüchtete und FlüchtlingshelferInnen sind auf der Internetseite des Vereins „Opferperspektive e.V.“ dokumentiert. Cottbus bildete in ganz Brandenburg 2016 die einsame Spitze bei Anzahl und Anstieg rassistischer und rechter Angriffe.
Der Verein Zukunft Heimat, der eng mit der AfD zusammenarbeitet, bereitete sich schon mindestens seit Mai 2017 auf seine Angstkampagne vor, die seit September im Vorfeld des Stadtfestes angekündigt wurde. Auch die Veranstaltung des rbb am 1. März ist also Ergebnis einer fremdenfeindlich motivierten und teilweise rassistischen Kampagne, die Angst in der Bevölkerung schüren und einen Keil zwischen CottbuserInnen und Geflüchteten treiben soll.
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3 Antworten auf „Wer Volksverräter ruft, will keinen Dialog!“
Ich bin von Berlin nach Cottbus gezogen, weil Cottbus eine schöne Stadt ist und kulturell sehr viel zu bieten hat. Aber die ausländerfeindlichen Töne kommen größtenteils aus den bildungsfernen Schichten. Da war die AfD nämlich sehr aktiv, warum verpassen es die anderen Parteien diese Menschen ins Boot zu holen. Immer mehr macht sich bemerkbar, dass in den Schulen, im Fernsehangebot etc. das Niveau ständig nur noch absinkt. Das Motto ist nur noch es muss Geld bringen oder je durchgeknallter um so cooler, alles muss laut und schrill sein. Wer kommt da noch mit? Es gibt keine sinnvollen Inhalte, ist zu anstrengend und schnell langweilig. Mit dummen Menschen kann die AfD besser umgehen, denn die hinterfragen auch nichts.
Dem kann ich auch noch hinzu fügen, dass diese Region offensichtlich nicht an div. Projektangeboten gegen Rassismus, Hass und dergleichen interessiert ist.
Man agiert konzeptions — und hilflos irgendwie herum.
Bemerkenswert ist auch die Erfahrung, die wir mit Schulleitern während einer Schulleiterkonferenz erlebten, als wir unser Projekt im Landkreis vorgestellt haben: man unterhielt sich derweil angeregt und schenkte unserer Projektvorstellung keinerlei Beachtung. Die Ignoranz war schon fast demonstrativ.
Da braucht man sich also nicht mehr zu wundern im jenen “Toleranten Brandenburg”!
Die Probleme in Cottbus sind doch zum Teil hausgemacht. Die sogenannte linke Szene in Cottbus hat sich selbst geschwächt mit vielen Grabenkämpfen und einer Ablehnung anderer linker Gruppen. Wie soll so Gegenmacht oder eine linke Hegemonie aufgebaut werden?
Die linke Szene in ihrer aktuellen Verfasstheit ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Leider. Und die, die für die Schwäche verantwortlich sind, geben z.B. bei CBNF immer noch den Ton an.
Wenn die linke Bewegung wieder erstarken will, dann müssen nicht nur diese Grabenkämpfe aufhören. Die Linken müssen auch wieder den Kontakt zur Bevölkerung suchen und sich in der Bevölkerung verankern.