(Tagesspiegel, Michael Mara) Rüdersdorf/Frankfurt (Oder) — In die Ermittlungen zur Aufklärung eines
Anschlags auf ein Treffen des Landesverbands der Grünen Jugend am
Wochenende hat sich jetzt der Staatsschutz eingeschaltet. In der Nacht
zum Sonntag war ein Gebäude in Rüdersdorf, in dem 14 Nachwuchspolitiker
der Grünen tagten, aus Luftgewehren beschossen worden. Dabei wurden acht
Fensterscheiben beschädigt oder zerstört, Projektile drangen laut
Teilnehmern in die Wände des Tagungsraums ein.
Gestern setzte das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) eine fünfköpfige
Ermittlungsgruppe ein. Sprecher Peter Salender erklärte, dass es bisher
keine Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Tat gebe, diese aber
nicht ausgeschlossen werden könne. Unklar ist bisher, wie viele Täter
beteiligt waren. Nach Salenders Angaben werden die Ermittlungen jetzt
auch wegen Verdachts der versuchten Körperverletzung und des Verstoßes
gegen das Waffengesetz geführt.
Grünen-Landeschef Joachim Gessinger hatte zuvor scharf kritisiert, dass
zunächst nur wegen Verdachts der Sachbeschädigung ermittelt wurde: “Wenn
offenbar mehrere Täter mit durchschlagsstarken Luftdruckgewehren mit
mehr als 100 Schüssen über eine Stunde lang gezielt auf Personen
schießen, die sich in den einzigen erleuchteten Räumen eines ansonsten
dunklen Gebäudes aufhalten, nehmen die Täter die Verletzung dieser
Personen zumindest billigend in Kauf.” Die Jugendlichen hatten nach
Gessingers Darstellung erst nach geraumer Zeit bemerkt, dass sie
beschossen wurden und sich darauf in andere Räume geflüchtet. Als sie
später mit einer Taschenlampe durch das Haus gegangen seien, hätten die
Schüsse wieder eingesetzt.
Gessinger kritisierte auch “die lange Zeit zwischen Alarmierung und
Eintreffen der Polizei”. Dies zeuge nicht davon , dass sie “die akute
Notlage der Jugendlichen richtig einschätzte. Nach Angaben der Polizei
ging der Notruf um 1.15 Uhr ein, die Beamten seien um 1.40 Uhr am Ort
gewesen. Den Zeitverzug begründete der Sprecher des Schutzbereichs
Märkisch-Oderland, Thomas Wilde, so: “Es war kein Fahrzeug frei, weil
andere Einsätze abgewickelt werden mussten.” Nach seinen Angaben wurde
in derselben Nacht auch auf Scheiben und Straßenlaternen im benachbarten
Museumspark Rüdersdorf geschossen. Ob ein Zusammenhang besteht, werde
geprüft.
In Rüdersdorf gibt es einen recht aktiven Schützenverein, in dem eine
größere Jugendgruppe trainiert. Ob in diese Richtung ermittelt wird,
wollte die Polizei nicht sagen.