RHEINSBERG. Anfang 2003 eröffnete Mehmet Cimendag seinen Imbiss in
Rheinsberg. Kaum einen Monat später zündeten Unbekannte die Reifen des
Imbiss-Wagens an. Im August 2003 folgte der nächste Brandanschlag, ein
weiterer Versuch im Dezember. 350 Rheinsberger demonstrierten gegen die
Anschläge und für Cimendag. “Ich hatte wieder Mut”, sagt er. Doch am
vergangenen Mittwoch kurz vor 1 Uhr klingelte sein Telefon. Anwohner riefen
ihn an, als sie zusehen mussten, wie die Feuerwehr den brennenden Imbiss
löschte. “Der Schaden beträgt 19 000 Euro”, sagt er. “Ich bin jetzt
arbeitslos, räume die Trümmer weg und weiß nicht, wie ich meine Miete zahlen
soll.”
Brandbeschleuniger gefunden
Seit Dienstag ist sicher, dass es ein Anschlag war. “Kriminaltechniker
fanden Reste eines Brandbeschleunigers”, sagt Staatsanwältin Lolita
Lodenkämper. Die Ermittler haben nach dem Anschlag eine Belohnung von 2 000
Euro zur Ergreifung der Täter ausgeschrieben. Am Dienstag war auch ein
Versicherungsgutachter bei Cimendag. “Sie wollen 8 000 Euro zahlen”, sagt
er.
Fast 70 Anschläge auf Imbisse von Ausländern verübten Rechtsextremisten in
Brandenburg seit dem Jahr 2000. Erst im März wurden zwölf Neonazis der
“Kameradschaft Freikorps” als terroristische Vereinigung verurteilt, weil
sie mit Anschlägen Imbiss-Betreiber aus dem Havelland vertreiben wollten.
“Seit dem Urteil gab es im Land fünf ähnliche Anschläge”, sagt Judith Porath
vom Verein Opferperspektive. Mal wurden 20 Hakenkreuze geschmiert und
Brandsätze geworfen, mal die Besitzer beleidigt und Scheiben eingeworfen.
Gemeinsam mit der Stadt Rheinsberg und der Ausländerbeauftragten des Landes
ruft der Verein nun zu Spenden für Cimendag, seine Frau und den einjährigen
Sohn auf. Zwar sei deren Existenzgrundlage zerstört, doch die Familie soll
der Stadt nicht den Rücken kehren. “Der Aufruf der Stadt, die Familie aktiv
zu unterstützen, ist ein sehr gutes Signal”, sagt Ausländerbeauftragte
Almuth Berger. Harte Gerichtsurteile könnten rechtsextreme Täter offenbar
nicht abschrecken. “Nun ist die Gesellschaft dran und muss helfen.”
Cimendag erzählt, dass er die Täter des zweiten Anschlags nach deren
Verurteilung immer wieder gesehen hat. Einer bekam im Schnellverfahren vier
Wochen Jugendarrest, der andere sieben Monate auf Bewährung — sie hatten vor
Gericht ausländerfeindliche Motive angegeben. “Ich hatte immer Angst vor
solchen Terroristen”, sagt der Kurde. Nun sucht er einen Laden, denn für
einen Imbiss-Wagen bekäme er keine Versicherung mehr. “Ich will hier bleiben
und nicht aufgeben. Sonst hätten die Täter gewonnen.”