Wittstocker Rechtsextremist soll sich an Ausschreitungen in Jugendclub beteiligt haben — Anklage der Staatsanwaltschaft liegt seit einem Jahr vor
(Frank Jansen) Wittstock. Die Stadt Wittstock gilt als Hochburg der rechten Szene, die hier
auch besonders dreist auftritt. Das jüngste Beispiel: Bei den Kommunalwahlen
am 26. Oktober gelangte der NPD-Kandidat Mathias Wirth ins Stadtparlament,
obwohl er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und sich an
einem der schwersten rechtsextremen Krawalle in der Geschichte des
Bundeslandes Brandenburg beteiligt haben soll. In der Nacht zum 14. Oktober
2001 hatten sich etwa 80 Rechtsextremisten vor dem Wittstocker Jugendclub
“Havanna” eine Schlacht mit der Polizei geliefert. Einer der Festgenommenen
war Mathias Wirth, der auch in Untersuchungshaft kam und gegen den eine
harte Anklage vorliegt. Dennoch kandidierte Wirth für die NPD — und wurde
jetzt mit 509 Stimmen (4,07 Prozent) ins Stadtparlament von Wittstock
gewählt.
Den Polizeieinsatz vom 13. und 14. Oktober 2001 bezeichnete das
Innenministerium als einen der größten gegen die rechte Szene in
Brandenburg. Die aus Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern stammenden
Neonazis hatten im “Havanna” eine “Geburtstagsfeier” veranstaltet, lautstark
rechtsextreme Musik abgespielt und Parolen wie “Berlin bleibt deutsch”
gegrölt. Als die Polizei die Personalien feststellen wollte,
verbarrikadierte sich die Meute und warf mit Tischen, Stühlen, Flaschen und
einem Feuerlöscher. Etwa 100 Polizisten, darunter Beamte der Spezialeinheit
“MEGA”, nahmen 58 Extremisten fest, unter ihnen Mathias Wirth. Er kam mit
sechs weiteren Neonazis in U‑Haft und wurde nach einem Monat entlassen. Die
Staatsanwaltschaft Neuruppin hat Wirth und elf weitere Extremisten
angeklagt. Im Fall Wirth lauten die Vorwürfe Landfriedensbruch in besonders
schwerem Fall, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Versuch der
gefährlichen Körperverletzung.
Der 38 Jahre alte Kfz-Mechaniker sei außerdem schon mit politischen Delikten
und “normaler Kriminalität” aufgefallen, heißt es in Sicherheitskreisen.
Wann in dem “Havanna”-Verfahren der Prozess stattfindet, ist indes unklar.
Die Anklage liege seit 2002 vor, sagte der Sprecher des Landgerichts
Neuruppin, Michael Pulfrich. Die zuständige Kammer sei jedoch mit dem
Potzlow-Prozess so stark belastet gewesen, dass weder über die Zulassung der
Anklage noch über einen Prozesstermin entschieden werden konnte.
In Wittstock selbst war nur eine flaue Reaktion zu hören. Der Leiter des
Ordnungsamtes, Walter Hahnemann (parteilos), nannte die Wahl von Wirth nur
“legitim”.