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Stalinismus-Opfer aus Werder geehrt

(Erhart Hohen­stein, PNN) Werder — Auf dem Moskauer Don­skoi-Fried­hof wird am 1. Juli ein Gedenkstein enthüllt, der erst­mals in Rus­s­land auch an deutsche Opfer des Stal­in­is­mus aus den Jahren 1951 bis 1953 erin­nert. In die Ehrung aufgenom­men wur­den sieben Werder­an­er Jugendliche. Gün­ter Beg­gerow, Johan­na und Karl-Heinz Kuh­fuß, Wil­helm Schwarz, Joachim Trübe, Heinz Unger und Inge Wolf waren wegen ihres Wider­standes gegen die SED-Dik­tatur und die Bolschewisierung Ost­deutsch­lands 1950 ver­haftet und 1952 bzw. 1954 in Moskau erschossen wor­den. Ihre Asche wurde wie die ungezählter ander­er Opfer auf dem ehe­ma­li­gen Kloster­fried­hof in Mas­sen­gräbern beige­set­zt. Für diese Opfer hat Werder im Vor­jahr an der Carl‑v.-Ossietzky-Schule eine Gedenk­tafel enthüllt. Ihr Schick­sal war durch die Pub­lizis­tik­stu­dentin Anja Spiegel erforscht und bekan­nt gemacht worden. 

Nach den Veröf­fentlichun­gen hat­te Hel­mut Domke dafür gesorgt, dass die sieben Werder­an­er in die Ehrung auf dem Don­skoi-Fried­hof ein­be­zo­gen wer­den. Der Refer­at­sleit­er für die GUS-Staat­en in der bran­den­bur­gis­chen Staatskan­zlei förderte das Vorhaben „von Amts wegen und aus innerem Engage­ment“. Er erwirk­te auch die Zus­tim­mung der rus­sis­chen Seite. Nicht zulet­zt ein im Dezem­ber 2003 veröf­fentlichter PNN-Beitrag führte zu ein­er Flut neuer Hin­weise von Opfer­ver­bän­den und Einzelper­so­n­en. Statt der zunächst bekan­nten 40 Namen, die in den Gedenkstein einge­meißelt wer­den soll­ten, sind jet­zt 950 Deutsche erfasst, die im Moskauer Butyr­ka-Gefäng­nis erschossen wur­den und deren Asche auf den Fried­hof ver­bracht wurde. 

Damit war es nicht mehr möglich, die einzel­nen Namen der Opfer auf der vom Volks­bund Deutsche Kriegs­gräber­für­sorge finanzierten Stele zu nen­nen. Sie musste durch eine neue mit der all­ge­meineren Inschrift „In Erin­nerung an die Bürg­er Deutsch­lands – Opfer der poli­tis­chen Repres­sio­nen 1950 — 53“ erset­zt wer­den. In unmit­tel­bar­er Nähe wird jedoch ein Podest mit einem Namensverze­ich­nis aller Ermorde­ten aufgestellt. Außer­dem arbeit­et das His­torische Forschungsin­sti­tut „Facts & Files“ in Berlin gemein­sam mit dem deutsch-rus­sis­chen Opfer­ver­band Memo­r­i­al im Auf­trag der Bun­dess­tiftung zur Aufar­beitung der SED-Dik­tatur an einem Toten­buch, das im Herb­st erscheinen soll. Es wird nicht nur die Namen der Ermorde­ten nen­nen, son­dern auch jew­eils eine Kurzbi­ogra­phie anfügen. 

Bei der Enthül­lung des Steins in Moskau wird der Präsi­dent des Deutschen Bun­desrates, der bran­den­bur­gis­che Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck, die Gedenkansprache hal­ten. Der rus­sis­che Präsi­dent Putin entsendet den Leit­er der von ihm einge­set­zten Kom­mis­sion zur Aufar­beitung der Stal­in­schen Repres­sio­nen, Alexan­der Jakowlew. Als ehe­ma­liges KPdSU-Polit­büromit­glied und Ver­trauter Gor­batschows hat Jakowlew durch die scho­nungslose Abrech­nung mit dem Sow­jet­sys­tem in sein­er Auto­bi­ogra­phie „Die Abgründe meines Jahrhun­derts“ für Auf­se­hen gesorgt. 

Die Stadt Werder wird durch den 1. Beige­ord­neten Hart­mut Schröder, Pots­dam durch Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs vertreten sein. An der Feier wer­den 25 Nach­fahren der Stal­in­is­mus-Opfer teil­nehmen. Für sie spricht Jür­gen Köh­ler, der Sohn des Pots­damer Bürg­er­meis­ter-Ehep­aares Erwin und Char­lotte Köh­ler, die wegen ihres Wider­standes gegen die Sow­jetisierung der DDR vom Sow­jetis­chen Mil­itär­tri­bunal zum Tode verurteilt und 1951 im Moskauer Gefäng­nis Butyr­ka erschossen wor­den waren. Köh­ler, der als Gym­nasi­ast nach der Fes­t­nahme sein­er Eltern in den West­en geflo­hen war, hat­te sich jahrzehn­te­lang für deren Reha­bil­i­tierung einge­set­zt. „Für mich ist es eine hohe Ehre, in Moskau für die Opfer das Wort ergreifen zu dür­fen“, sagte er. Das RBB-Fernse­hen wird am 25. August eine Doku­men­ta­tion über das Schick­sal des Bürg­er­meis­ter-Ehep­aars ausstrahlen.

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