Die Kreistagfraktion der CDU entschied am Mittwochabend, dass ihr Fraktions-Chef Egon Wochatz seinen Posten behält. Inhaltlich distanzierte sich die Fraktion jedoch von Wochatz Treffen mit Veteranen der SS-Division Frundsberg.
Die RUNDSCHAU fragte nach der Stimmung in der Stadt:
Brigitte Weber (65): Das wird alles hoch gespielt. Egon Wochatz soll seine
Ämter behalten. Man soll das Ganze nicht überbewerten. Möglicherweise hat er
mit dem Treffen der Veteranen die Situation falsch eingeschätzt, auch hätte
er sich vielleicht besser im Nachhinein aus der Affäre ziehen können. Für
mich ist die ganze Angelegenheit allerdings ein Wahlkampf der übelsten
Sorte. Meine Sympathie hat Herr Wochatz nach wie vor.
Stephan Neidert (23): Ich finde es schrecklich, dass sich die CDU nicht von
Herrn Wochatz trennen kann. Seine Verdienste als Bürgermeister sind die eine
Seite. Die geben ihm aber noch lange nicht das Recht, sich immer wieder mit
Nazis zu treffen. Seit Jahren gibt es dafür Verwarnungen, aber keine
wirklichen Konsequenzen. Das empfinde ich als eine Frechheit. Von einem
ehemaligen Geschichtslehrer erwarte ich etwas anderes.
Hans-Joachim Brose (60): Die Kriegsgräberfürsorge ist eine zugelassene
Organisation. Für die ist Herr Wochatz doch in Erscheinung getreten. Ich
freue mich, wenn die Gräber in Ordnung gehalten werden. Die meisten der
Menschen, die hier liegen, sind doch völlig unfreiwillig in die Wehrmacht
gegangen. Viele Soldaten haben den Krieg doch auch verflucht. Beim Verhalten
von Egon Wochatz sehe ich nichts Verwerfliches. Er war schon zu DDR-Zeiten
ein Querdenker. Das ist heute auch noch so.
Wolfgang Wusk (55): Egon Wochatz war ein sehr guter Bürgermeister. Ich
hoffe, dass er diese Diskussionen verkraftet. Er soll auf jeden Fall
weitermachen. Für mich ist das Ganze ein von SPD-Mann Lemke iniziierter
Schwachsinn. Das ist doch eine Aufbauscherei für die Landtagswahl. Egon
Wochatz war doch als Chef der Kriegsgräberführsorge dabei. Er ist eben ein
offener Mensch, der mit allen diskutiert. Die Zeit, über die hier geredet
wird, ist mehr als 50 Jahre her, man sollte die Sachen irgendwann auch
einmal ruhen lassen.
Egon Messer (63): Der Egon Wochatz muss abserviert werden. Der muss seine
ganzen Ämter aufgeben. Viele Spremberger verurteilen das, was er gemacht
hat, sie trauen sich aber nicht, das offen zu sagen. Als hier am Sonntag die
Jugendlichen demonstriert haben, wurden kluge Reden gehalten. Aber es waren
nur wenige Leute da. Bedenklich ist, dass viele Jugendliche heutzutage
nichts von der Geschichte mitbekommen, auch in der Schule nur kaum. Wenn
dann Leute wie Herr Wochatz sich mit Veteranen der Frundsberg-Division
treffen, dann ist das ein falsches Signal. Und es ist ja auch so, dass diese
Treffen jedes Jahr wieder stattfinden und dass dort hohe Dienstgrade
beteiligt sind, also nicht nur Leute, die zum Ende des Krieges unfreiwillig
eingezogen worden sind.
Der Wochatz versucht sich immer und überall mit allen gut zu stellen und
will nirgends anecken. Man muss auch betonen, dass es die Kämpfe um
Spremberg 1945 nur gegeben hat, weil der Ortsführer die Stadt zur Festung
erklärt hatte. Das hat nichts mit heldenhafter Verteidigung zu tun. Man
hätte die weiße Fahne raushängen sollen.