(MAZ, Stephan Breiding, 16.07.04) POTSDAM Die Erklärung war knapp gehalten. “Nach Beratungen der CDU-Kreistagsfraktion Spree-Neiße wird Egon Wochatz sein Amt als Fraktionschef weiterführen”, teilte Kreisparteichef Michael Haidan gestern
in dürren Worten per Fax mit. Wochatz habe seinen Fehler eingesehen, sein Auftreten beim Treffen von Veteranen der Waffen-SS bedauert, eine künftige Teilnahme ausgeschlossen und sich von rechtsextremen Positionen abgegrenzt.
Von der Landespartei erhielt der Kreisverband den Segen. “Wir akzeptieren die Entscheidung”, so Generalsekretär Thomas Lunacek. Damit hat sich die Affäre Wochatz erledigt — zumindest für die CDU.
Egon Wochatz war vor vier Wochen in die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass er seit Jahren an Veteranentreffen der SS-Division “Frundsberg” teilnahm, die in den letzten Kriegstagen 1945 in und um Spremberg eingesetzt war. Der 67-Jährige, der von 1990 bis 2002 Spremberger Bürgermeister war, stand damit nicht zum ersten Mal in der Kritik. Bereits 1998 hatte sein Engagement für das Aufstellen eines SS-Gedenksteins einen Eklat in der
Stadtverordnetenversammlung provoziert. Für Ärger sorgten auch seine Äußerungen zur Hetzjagd von Guben, bei der ein algerischer Asylbewerber von Rechtsradikalen zu Tode gehetzt worden war. Für seine Bemerkung “Was hatte der nachts auf der Straße zu suchen?” erhielt Wochatz im Jahr 2000 vom
Flüchtlingsrat einen “Denkzettel”. Wochatz habe einem “rassistischen Stammtisch nach dem Mund geredet”, hieß es zur Begründung.
Doch die Vergangenheit ließ die CDU lieber ruhen. Man habe sich nur mit dem aktuellen Fall beschäftigt, hatte Kreischef Haidan bereits im Juni gesagt. Der aktuelle Fall: Die Teilnahme Wochatz an einem Treffen von 30 ehemaligen
Angehörigen der Waffen-SS-Division “Frundsberg” Anfang Juni in Spremberg. Ein Treffen, an dem kahl geschorene Rechtsradikale — schwarz uniformiert und Stahlhelm tragend — eine Ehrenwache auf dem Soldatenfriedhof abgehalten
haben sollen.
Für jemanden, der Wochatz ganze Vergangenheit im Blick hat, ist das CDU-Votum nicht nachvollziehbar. Er sei “baff” gewesen, als er davon erfahren habe, so der SPD-Fraktionschef von Spree-Neiße, Jörg Rakete,
gestern. “So leichtfertig kann man damit nicht umgehen.” Die SPD-Fraktion werde beim Kreistag am 28. Juli Wochatz auffordern, sein Mandat zurückzugeben. Solange dieser Fraktionschef bleibe, werde man jeden Kontakt zu ihm ablehnen, macht Rakete klar. Auch PDS-Kreischef Diethelm Pagel hält das Festhalten an Wochatz für “völlig inakzeptabel”. Damit werde das Ansehen des Kreistages beschädigt.
Scharfe Reaktionen kamen auch von Potsdamer SPD- und PDS-Vertretern. SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch forderte die Landes-CDU zum Handeln auf. Dass der Fall Wochatz praktisch ohne politische Konsequenzen bleibe, sei
völlig unverständlich. SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness warf CDU-Landeschef Jörg Schönbohm vor, er habe in seiner Partei offensichtlich nicht alles im Griff. Die Union habe die Dinge schleifen lassen und “jämmerlich versagt”.
PDS-Parteichef Ralf Christoffers sprach von einem “politischen Skandal”. Mit der Entscheidung, Wochatz im Amt zu lassen, entwerte man politische Mandate. “Dessen Verhalten ist nicht zu entschuldigen.” Auch PDS-Rechtsexperte Stefan Sarrach kritisierte die Entscheidung der Union. Wer solche Entgleisungen
dulde, konterkariere das eigene Wirken gegen den Rechtsextremismus.