Blaue Flecken für einen guten Zweck?
(Interview: Tim-Niklas Kubach) jW sprach mit Robert C. (21) und Stefanie M. (23) — Robert C. und Stefanie M., aktiv bei den JungdemokratInnen/Junge Linke Brandenburg sowie bei der Naturfreundejugend Berlin, waren die beiden »Störenfriede« beim Bundeswehrgelöbnis am Dienstag abend im Bendlerblock in Berlin
F: Was hat Sie bewogen, das Bundeswehrgelöbnis zu stören?
Stefanie: Wir wollten der Bundeswehr ihre Selbstdarstellung vermiesen und den deutschen Militärkult stören – gerade dann, wenn Kriegsverbrechern und Antisemiten gehuldigt wird.
F: Die Sicherheitsvorkehrungen waren anläßlich des 60. Jahrestags des Stauffenberg-Attentats auf Hitler massiver als üblich. Wie konnten Sie sich Zugang auf das Gelände verschaffen?
Robert: Wir haben die Bescheinigung eines Professors vorgelegt, daß wir zwecks Recherche für eine Studienarbeit zum Thema »Rituale und öffentlicher Raum« Einlaß erhalten wollen. Dann erst hat man uns eine Kennkarte für freie Journalisten ausgehändigt, wodurch wir auf der Pressetribüne Platz nehmen konnten. Der Dritte in unserem Bunde hat sich sogar als Mitarbeiter der Protokollabteilung des Bundespräsidialamtes ausgegeben und ist damit durchgekommen. Leider hat er es dann aber nicht geschafft, mit uns loszulaufen, weil die Zuschauertribüne zu gut bewacht war.
F: Wie ist die Aktion abgelaufen?
Stefanie: Das Gelöbnis begann um 18.45 Uhr. Wir sind im »feierlichsten« Moment losgerast, als der Kommandeur sagte: »Ich gelobe …«. Während wir liefen, haben wir dann geschrieen: »Hier wird gar nichts gelobt!« und »Bundeswehr abschaffen«.
F: Was geschah danach?
Robert: Wir haben, verfolgt von Feldjägern und BKA-Beamten, eine große Runde gedreht, sind unter der Fahne durchgelaufen und haben uns dann im Schneidersitz auf die Erde gesetzt. Es war von vornherein abgemacht, daß wir uns nicht wehren werden. Wir wurden von Feldjägern eingekesselt und hinter einen Sichtschutz geschleppt. Dort warf man uns auf die Erde, drückte unser Gesicht in den Dreck und legte uns Handschellen an. Feldjäger drückten uns abwechselnd ein Knie in den Rücken – etwa eine halbe Stunde lang. Wir haben geschrieen, daß wir keine Luft mehr bekommen, das war den Jungs aber egal. Danach hat man uns unter Sichtschutz zum Polizeiwagen abgeführt. Dort hat man uns noch eimal kontrolliert und unsere Personalien aufgenommen. Dann ging es weiter zum nächsten Auto, wo wir abermals kontrolliert wurden. Schließlich sagte der wachhabende Polizist, daß wir jetzt freikämen. Gegen 21 Uhr hat man uns dann an der Hildebrandtstraße rausgelassen.
F: Sind Sie zufrieden mit sich?
Stefanie: Die Aktion war uns schon sehr wichtig. Dafür haben wir gerne eine kleine Straftat und mehrere blaue Flecken in Kauf genommen. Daß wir die Bundeswehr, trotz verschärfter Sicherheitsvorkehrungen, kreativ überlistet haben, freut uns natürlich besonders. Die Aktion war ein voller Erfolg, schon wegen der Berichterstattung in den Medien.
Was für Folgen haben Sie denn jetzt zu erwarten?
Robert: Wir werden wohl wegen Hausfriedensbruch angezeigt.
Würdet Ihre eine solche Aktion noch einmal durchziehen?
Stefanie: Auf jeden Fall. Kein Gelöbnis ohne uns!