COTTBUS. gestern, am 28.08.02, war edmund stoiber im zuge seiner wahlkampftour in cottbus. um 19.00 sollte er auf dem oberkirchplatz auftreten. knappe 2 stunden davor war die innenstadt schon mit polizei zugepflastert: so ungefähr 25 „sixpacks“ sorgten sich um die sicherheit des kanzlerkandidaten. nicht weniger besorgt waren die vielen cdu-anhänger und parteimiglieder, die allesamt mit „ordner“-binden über den platz schwadronierten: taschenkontrolle am abgesperrten zuhörerInnenareal.
zur überbrückung der wartezeit hat sich eine dixielandkapelle postiert und schrammelte ordentiich was los. nach und nach kamen immer mehr leute an, die sich offensichtlich als opposition verstanden: schilder mit „wenn stoiber kommt, geht d‑land“ bezogen sich wahrscheinlich nicht auf „dixieland“ und auch ne knapp 10-köpfige gruppe mit selbstgemachten„ausbildungsplätze für alle. stoppt stoiber“-t-shirts war da. außerhalb des cdu-gatters sammelten sich dann nach und nach eine menge punks mit „stoppt stoiber“ plakaten. auch schön: eine buchstabenreihe mit „BLA BLA BLA“.
insgesamt vielleicht 400 leute inclusive –na, hm, schwer einzuschätzen- 130 (?) protestierenden.
noch bevor irgendwas losging, bemerkte ein älterer herr einigen leuten gegenüber, daß er das nicht schön fände, was sie vorhätten. irritiert auf diese äußerung angesprochen, wollte er sich die namen der personen geben lassen. naja – bürgerwache.
dann kam stoiber und dixieland ging: unbarmherziger stadionrock markierte den einmarsch des unionskandidaten.
waldemar kleinschmidt –ex-oberbürgermeister von cottbus und bundestagsanwärter in dieser wahl- begann mit der show, indem er alles und jeden herzlich willkommen hieß. erste proteste waren zu hören, als er meinte, man könne dankbar sein, edmund stoiber heute live zu erleben und von leuchttürmen in cottbus sprach. „stoiber raus“-rufe auch, als kleinschmidt begann, die schwächen der rot-grünen regierung zu sezieren.
jörg schönbohm, general a. d., setzte zu flutkatastrophen-gejammer an, beschwor die deutsche tatkraft und den zusammenhalt und rechnete danach auch seinerseits mit der bisherigen regierung ab. er wurde schon zu beginn seiner rede mit „nazis raus!“-rufen begrüßt.
nächster in der manege war lothar späth – wirtschaftsexperte der cdu mit welchem stoiber nach diesem auftritt noch im stadthaus weilte und diskutierte – und hypte waldemar kleinschmidt als jemanden, den man jetzt in berlin brauche. späth war auch der erste, der auf die proteste einging. seine aussage war in etwa folgende: diese „lebensfrohen menschen“ seien jene, die noch nicht kapiert hätten, was eine gesellschaft zu leisten hat. er freue sich aber immer, wenn er sie erlebt und könne sich wahlkampfautritte nicht mehr ohne sie vorstellen. der rest von lothars rede war schlichtweg ermüdend, sogar die „lebensfrohen menschen“ konnten sicher dieser lethargie nur selten entziehen. es ging ihm größtenteils um die flut und blutige hände, steuersenkungen und darum, den politischen gegner im schlechtesten licht dastehen zu lassen.
zwischendurch kam es immer wieder zu verbalen schlagabtäuschen zwischen den protestierenden und cdu-anhängern: man solle doch erst mal arbeiten gehen und dann… – oder auch: ihr seid doch alles nichtsnutze!.
dann kam ER.
schon zu beginn seiner rede kamen „stoiber raus!“-rufe, die schon recht ordentlich waren. stoiber machte während seiner reden öfter mal ein paar fehler und zippelte sich dann und wann am ohrläppchen oder fuhr sich über die lippen. er betonte auch –er ging extra für 2, 3 sätze darauf ein- , daß er sich von den protestierenden nicht beirren lasse. Sie seien ihm schlichtweg egal. ob dieses nicht vielleicht doch als anzeichen von unsicherheit zu werten sind, bleibt offen.
stoiber bot sich dem publikum an: wolle gerne mit jedem reden, sich zumindest jedem zeigen. die audienz nahm diese geste dankbar an und zeigte passende reaktionen.
begleitet wurde stoibers rede dann und wann von nahezu klassischen sprechchören, die sich allerdings im laufe der zeit immer seltener hören liessen.
am ende gab es noch eine festnahme. warum und was danach passierte, wie es dem menschen geht, ist nicht herausgefunden worden.
alles in allem verlief die show wie erwartet: polemik satt von der bühne und platte sprüche von den protestierenden. zum „denken“ wird sich niemand so richtig angestoßen gefühlt haben, dafür waren die positionen schon zu klar. da brauchte es auch keine wahlkampfreden mehr.
am 31.08. kommt schill nach vetschau – mal sehen, was da so passiert.
Stoiber in Potsdam
Einen Pressebericht (Titel: “Stoiber trotzt Pfeifkonzert in Potsdam”) zu den Protesten gegen Stoibers Wahlkampfveranstaltung in Potsdam gibt es hier zu lesen.