POTSDAM Nach dem spektakulären Verbot der rechtsextremistischen
Kameradschaft “Hauptvolk” und ihres Jugendverbandes “Sturm 27” in
Rathenow und Premnitz (Havelland) hat das Innenministerium bisher zehn
Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gestellt. Nach Auskunft
von Innenstaatssekretär Eike Lancelle betreffen allein sechs
Strafanzeigen einen Verstoß gegen das Waffengesetz.
Bei der Razzia wurden nicht nur diverse Messer sichergestellt, sondern
auch eine Übungshandgranate und eine Pistole mit Magazin samt Patronen.
Nach Einschätzung des Ministeriums liegt in dem “betroffenen
Personenkreis ein hohes Gewaltpotential” vor. Insgesamt wurden in den 41
am 12. April durchsuchten Objekten etwa 5500 Asservate beschlagnahmt.
Mehr als 300 Polizeibeamte waren an der Aktion beteiligt. Es war das
dritte Verbot einer rechtsextremen Kameradschaft seit der Wende.
Das Ergebnis der Razzia bestätige, “dass wir die richtigen Leute im
Blick hatten”, so Lancelle. In jeder der durchsuchten Wohnungen habe die
Polizei Gegenstände entdeckt, aus denen eine rechtsextreme
Weltanschauung abgeleitet werden könne.
Bisher liegen nach Lancelles Angaben keine Hinweise vor, dass Mitglieder
der verbotenen Kameradschaft ihre Aktivität gegen die demokratische
Grundordnung in anderen Organisationen fortsetzen. Die Polizei sei
“angewiesen, das Vereinsverbot mit aller Konsequenz umzusetzen”. Das
Innenministerium setzt allerdings auch auf den Abschreckungseffekt des
Vereinsverbots. Bei einer Verletzung des Verbots droht eine empfindliche
Freiheitsstrafe. Im Umkreis der Kameradschaft “Hauptvolk” hätten sich
zahlreiche Jugendliche bewegt, die möglicherweise noch nicht ideologisch
gefestigt waren und sich deshalb von einem Vereinsverbot abschrecken
ließen, so Lancelle.
Der nur wenige Tage nach dem Verbot von “Hauptvolk” in Rathenow neu
gegründete Stadtverband der rechtsextremen NPD hat nach Erkenntnissen
des Innenministeriums bisher nicht die Funktion, als Sammelbecken für
jetzt vereinslose Neonazis zu dienen. Derzeit gebe es keine Indizien,
dass ehemalige Mitglieder von “Hauptvolk” und “Sturm 27” in die NPD
eintreten. Einzelpersonen hatten zwar auch schon vor dem Vereinsverbot
Kontakte zur NPD, doch eine konzeptionelle, strategische Zusammenarbeit
habe es nicht gegeben.